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Absicherung des Ehepartners durch Nießbrauchsvorbehalt

Eine nicht unbekannte Gestaltung im Rahmen der Vermögensnachfolge ist die Übertragung von Immobilieneigentum unter Vorbehalt des Nutzungsrechts, also letztlich unter dem Vorbehalt der Ertragsziehung durch den Übergeber. Hintergrund einer solchen Gestaltung ist häufig, dass die Vermögenssubstanz an die nächste Generation übertragen werden soll, um nicht zuletzt die erbschaftsteuerlichen Freibeträge innerhalb jeder Dekade optimal auszunutzen, ohne aber die Erträge zur Absicherung der übergebenden Generation zu verlieren. Selbstverständlich sind auch andere Vermögensgegenstände tauglich für eine solche Gestaltung, allerdings in der Regel mit größeren Risiken belastet, sodass die Nießbrauchsgestaltung häufig im Immobilienbereich Anwendung findet.

Steuerliche Grundzüge

In der Grundstruktur überträgt der Eigentümer einer Immobilie also das Eigentum an den Übernehmer (beispielsweise die Kinder), behält sich allerdings den Nießbrauch (also die Nutzungsrechte, und damit die Ertragsziehungsrechte aus der Immobilie) zurück. Ertragsteuerlich bleibt er also Vermieter (mit dem Recht auf Abschreibung, sollte die Immobilie bereits als Objekt zur Erzielung von Vermietungseinkünften genutzt worden sein). Der Schenkungswert reduziert sich um die Nießbrauchsbelastung (was die Übertragung auch für solche Empfänger interessant macht, die keine großen persönlichen Freibeträge nutzen können). Es ist keine Teilveräußerung anzunehmen, da das vorbehaltene Nießbrauchrecht nicht als Entgelt gilt.

Sorgfältige Vertragswerke

Die Verträge sollten hier gut durchdacht und auch langfristig ausgerichtet sein, was insbesondere hinsichtlich der außerordentlichen Kosten an dem Objekt und bestehenden Finanzierungen gilt: Denn es muss bewusst sein, dass Investitionen in das Objekt – also in die Substanz – nicht zwingend den Übergebern zugutekommen, sondern den Übernehmern, die mit der Wertigkeit der Substanz irgendwann einmal Erträge ziehen werden. Die Liquidität für solche Investitionen in die Substanz fehlt aber den Übergebern bei deren Altersabsicherung. Andererseits können nur sie als Vermieter Investitionen steuerlich geltend machen.

Absicherung des Ehepartners

Regelmäßig besteht das Bedürfnis, den Ehepartner zwecks Altersabsicherung an den künftigen Erträgen der Immobilie partizipieren zu lassen, weswegen nicht selten bereits im Übergabevertrag das Nießbrauchsrecht nicht nur zugunsten des bisherigen Eigentümers, sondern auch zugunsten des Ehegatten eingeräumt wird. Insofern wird eine Gesamtgläubigerstellung geschaffen, aufgrund derer sowohl der bisherige Eigentümer als auch dessen Ehegatte berechtigt sind, die Erträge aus dem Objekt zu ziehen.

Zu beachten ist allerdings, dass dies nicht nur schenkungsteuerliche, sondern auch ertragsteuerliche Auswirkung hat: Zum einen ist die Einräumung des Nießbrauchsrechts als Gesamtgläubiger unverzüglich als Schenkungsakt zugunsten des Ehegatten zu werten. Zum anderen hat der Ehegatte insoweit kein Recht auf Abschreibung, da er nicht die Kosten der abschreibungsrelevanten Investitionen getragen hat (insoweit sogenannter Zuwendungsnießbrauch).

Gestaltung der Schenkungsteuer

Allerdings gilt auch hier, dass eine Schenkung nur dann vorliegen kann, wenn tatsächlich eine freigebige Zuwendung zugunsten des Ehegatten vorliegt, was nicht der Fall ist, wenn im Innenverhältnis der eingebundene Ehegatte rechtlich und tatsächlich nicht frei über die Erträge verfügen kann. Dies hat der BFH in seiner Entscheidung vom 08.06.2021 entschieden und sich hierbei an die Argumentation bei einem sogenannten Ehegatten-Oder-Konto orientiert: Selbst dann also, wenn zivilrechtlich der eingebundene Ehegatte aus seiner Gesamtgläubigerstellung die Erträge ziehen und zum eigenen Vermögensaufbau nutzen könnte, womit eine freigebige Zuwendung zu bejahen wäre, fehlt es an einer Zuwendung, sollte im Innenverhältnis gelten, dass er dies nicht darf (und sich tatsächlich auch daran hält), also der andere Ehegatte – beim Nießbrauch also der bisherige Alleineigentümer der Immobilie – sämtliche Erträge für den eigenen Vermögensaufbau und für den eigenen Lebensbedarf verwendet. Denn dann ist dem Ehegatten keine rechtliche Vermögensposition zugewendet worden, die ihn bereichert hätte, sodass es auch nicht zu einem schenkungsteuerrechtlichen Zuwendungsvorgang kommen kann. Hierzu kommt es dann erst, wenn der Ehepartner irgendwann einmal allein Nießbraucher ist oder aber die gelebte Abrede im Innenverhältnis wegfällt.

Häufig bietet es sich an, ohnehin in solchen Konstellationen den Übergang des Nießbrauchsrechts aufschiebend bedingt auf den Zeitpunkt des Versterbens des bisherigen Eigentümers zu schieben, da dann schenkungsteuerlich erst zu dem späteren Zeitpunkt ein Zuwendungsnießbrauch zu erfassen ist, wenn es überhaupt zu dieser Situation kommt.

Alternative Gestaltungsansätze

Schließlich sollte im Zusammenhang mit dem Wunsch nach Nießbrauchskonstellationen stets auch darüber nachgedacht werden, ob nicht gesellschaftsrechtliche Strukturen eine bessere Lösung für die Familie darstellen, da sogenannte Familiengesellschaften häufig flexiblere und für die Senioren günstigere Voraussetzungen abbilden können.

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