Es ist bekannt, dass für Familienheime schenkung- und erbschaftsteuerliche Besonderheiten gelten:
Allgemeine Grundlagen
So ist die lebzeitige Zuwendung des Familienheims an den Ehepartner stets sachlich steuerbefreit ohne weitere Voraussetzung, was den Vorteil hat, dass persönliche Freibeträge zwischen Ehegatten in diesen Konstellationen nicht verbraucht werden müssen. So bleibt u. a. mehr Raum, das sonstige Vermögen zugunsten des möglicherweise vermögensmäßig weniger stark ausgestatteten Ehepartners durch schenkweise Übertragungen zu stärken.
Im Todesfall hat der Ehegatte zwar auch eine sachliche Steuerbefreiung, allerdings muss er das Familienheim für 10 Jahre zu eigenen Wohnzwecken weiter bewohnen, was nicht selten aus verschiedensten Gründen misslingt bzw. nicht eingehalten werden kann. Eine vorausschauende lebzeitige Übertragung schützt vor diesem Druck.
Geht das Familienheim an Kinder, ist zusätzlich noch eine größenmäßige Beschränkung zu beachten, um die sachliche Steuerbefreiung zu erhalten.
Anbindung des ererbten Familienheims an das eigene Familienheim
Die Rechtsprechung des BFH ist grundsätzlich sehr restriktiv bei dieser sachlichen Steuerbefreiungsvorschrift, sodass es umso mehr erfreut, dass sich der BFH in seinem Urteil vom 06.05.2021 zugunsten des Steuerpflichtigen „großzügig“ gezeigt hat:
Hier war das selbstgenutzte Familienheim (Doppelhaushälfte) des Erblassers an den Junior im Erbwege gegangen, der neben dem Haus des Erblassers sein eigenes Familienheim (andere Doppelhaushälfte) nutzte. Nach dem Tod des Erblassers erweiterte der Junior sein Haus durch Verbindung mit der ererbten Doppelhaushälfte und verlangte diesbezüglich die sachliche Steuerbefreiung für Familienheime.
Nachdem das Finanzamt und das Finanzgericht dem Steuerpflichtigen nicht folgen wollten, kam der BFH zu dem Ergebnis, dass auch diese Konstellation von der sachlichen Steuerbefreiungsvorschrift gedeckt ist. Auch der Zuerwerb eines Familienheims könne steuerlich begünstigt sein, wenn der Erwerber unverzüglich nach Erwerbseine angrenzende Wohnung mit der erworbenen Wohnung zu einem einheitlichen Wohnraum verbindet und dort sein Familienheim, also den Mittelpunkt seines Lebensinteresses, begründet.
Tatbestandsmerkmal „unverzüglich“
Grundsätzlich gilt, dass eine unverzügliche Nutzung nur bei Einhaltung eines 6-Monats-Zeitraums anzunehmen ist. Allerdings sieht der BFH auch, dass dann, wenn der Steuerpflichtige nähere Umstände einer ihm nicht anzulastenden zeitlichen Verzögerung darlegen und glaubhaft machen kann, auch bei einem Zeitraum von über 6 Monaten hinaus dennoch von Unverzüglichkeit im Sinne der Norm auszugehen ist. Allerdings muss der Steuerpflichtige alle beschleunigenden und sogar kostenintensiveren Maßnahmen ergreifen, wobei er zu unverhältnismäßigem Aufwand nicht gezwungen werden kann.
Fazit
Die Rechtsprechung, die hier einmal zugunsten des Steuerpflichtigen ausgegangen ist, darf nicht auf die leichte Schulter genommen werden, da gerade bei den neuen Steuerbefreiungsvorschriften des Erbschaftsteuerrechts der BFH häufig sehr restriktiv urteilt, und es insofern auf viele Details ankommt.