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Erbschaftsteuer: Risiko jungen Verwaltungsvermögens

In der Unternehmensnachfolgeberatung ist bekannt, dass die Übertragung von Betriebsvermögen grundsätzlich privilegierungsfähig ist, also bis zu 100 % erbschaft- und schenkungsteuerfrei erfolgen kann. Voraussetzung ist aber u.a. das Nichtvorhandensein von sogenanntem schädlichen Verwaltungsvermögen. Soweit nämlich schädliches Verwaltungsvermögen im Betriebsvermögen gehalten wird, entfällt eine Betriebsvermögensverschonung. Liegt die Quote des schädlichen Verwaltungsvermögens bei 90 % und mehr gegenüber dem gemeinen Wert des Betriebes (Achtung: Hier wird der Bruttowert des schädlichen Verwaltungsvermögens mit dem Nettowert des Betriebsvermögens verglichen, was ein erhebliches Risiko für den Steuerpflichtigen darstellen kann!), dann entfällt die Betriebsvermögensprivilegierung insgesamt.

 

Begriff des jungen Verwaltungsvermögens

Eine besondere Begrifflichkeit sieht das Erbschaftsteuergesetz in § 13 b Abs. 7 Satz 2 ErbStG vor, wonach nämlich solches Verwaltungsvermögen, das weniger als zwei Jahre dem Betrieb zuzurechnen war, stets aus der Betriebsvermögensprivilegierung ausscheidet, unabhängig von der quotalen Größe im Verhältnis zum gemeinen Wert des Betriebes.

 

Missbrauchsgedanke und überzogener Wortlaut

Nachvollziehbar ist, dass solches Verwaltungsvermögen, das erst kurz vor Übertragung des Betriebes dem Betrieb zugeführt wurde, stets ohne Privilegierung übertragen werden muss, um Missbrauch und Umgehungsgestaltungen zu verhindern. Allerdings greift der Wortlaut der Norm auch bei einem sogenannten Aktivtausch, also der Umschichtung von einem Verwaltungsvermögen innerhalb des Zwei-Jahreszeitraums in neues – und damit „junges“ – Verwaltungsvermögen im Sinne des Gesetzes, wie beispielsweise bei einem Wertpapiertausch. Dies hat aber nichts mit Missbrauch und Umgehung zu tun, da innerhalb des Betriebes die Qualität des Verwaltungsvermögens die gleiche ist, wie vor dem Aktivtausch. Deshalb stößt diese Auffassung der Finanzverwaltung und -gerichte in der Literatur auf Kritik, da sie den normalen Geschäftsbetrieb – unternehmerische Entscheidung, ob das eine Wertpapier abgegeben werden muss, um ein neues zu erwerben – aus nicht nachvollziehbaren Gründen mit Blick auf das Erbschaftsteuerprivileg einschränkt.

 

Umstrukturierung vor unentgeltlicher Übertragung riskant

Nun ist das FG Niedersachsen noch einen Schritt weitergegangen und sieht auch bei der Umstrukturierung von Unternehmensvermögen – hier im Fall der Übertragung von Betriebsvermögen auf einen anderen Betrieb des gleichen Steuerpflichtigen – die Entstehung von jungem Verwaltungsvermögen als gegeben an. Da hier nach unserem Dafürhalten immer noch die gleiche Betriebsvermögensqualität vor und nach Übertagung besteht, insofern also Missbrauchs- und Umgehungsüberlegungen nicht in Betracht kommen, sollte diese Entscheidung korrigiert werden. Unternehmerisch notwendige Umstrukturierungsmaßnahmen würden andernfalls ohne Not und ohne vom Zweck des Erbschaftsteuergesetzes gedeckt zu sein, gehemmt.

 

Fazit

Das neue Erbschaftsteuerrecht bietet zwar immer noch viele Chancen, in der Unternehmensnachfolge erfolgreich eine nachhaltige Vermögenssicherung für die Zukunft zu erreichen, andererseits aber auch die Gefahr, dass eine überzogene Auslegung des ohnehin teilweise überzogenen Gesetzeswortlautes zu neuen Risiken führt. Jeder Einzelfall ist gesondert zu betrachten und zu bewerten.

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