Wenn man über den Widerruf spricht, so wird man in der Regel das Widerrufsrecht mit windigen Haustürgeschäften und Vertragsabschlüssen im Internet verbinden. Hier ist mittlerweile auch dem kundigen Laien bekannt, dass er in solchen Situationen, in denen für Verbraucher eine gewisse „Überrumplungsgefahr“ besteht, ein Widerrufsrecht besitzt, das bei Ausübung innerhalb der gesetzlichen Fristen zur Rückabwicklung des Vertragsverhältnisses ohne weiteren Grund führt. Eine scharfe Waffe zum Schutze des Verbrauchers.
Nun hat diese Waffe auch einen Unternehmer getroffen, der Liftanlagen installiert. Der Umstand des Vertragsschlusses dürfte zwar überraschend, vermutlich aber nicht so selten sein, wie man denken mag:
Sachverhalt
Der Unternehmer hatte durch einen seiner Mitarbeiter den späteren Kläger telefonisch kontaktiert und das Interesse an einer Installation eines Senkrechtliftes an der Außenfassade des Wohnhauses geweckt. Aufgrund des Telefonats kam es später im Wohnhaus des Klägers zu einem weiteren Besprechungstermin, bei dem der Kläger den Vertrag über die Bestellung eines Senkrechtliftes abschloss. Die Vorschussrechnung in Höhe von knapp 12.000,00 EUR zahlte der Kläger. Dann machte der Unternehmer aus unserer Sicht den entscheidenden Fehler, indem er nämlich nicht seine zugesagte Leistung ordnungsgemäß und zeitgemäß erbrachte, sodass der Kläger ins Grübeln kam und die Lust an dem Projekt verlor. Um von dem Vertrag loszukommen, erklärte der Kläger den Widerruf des Vertrages oder besser: Den Widerruf seiner Willenserklärung zum Abschluss des Vertrages und bekam vor Gericht bis in die höchste Instanz Recht:
Entscheidung des BGH
Der BGH urteilte am 30.08.2018 zugunsten des Klägers, dass wegen des Telefonkontaktes und des Vertragsabschlusses im häuslichen Bereich des Klägers, dem Kläger ein entsprechendes Widerrufsrecht zustand, das auch nicht gemäß § 312 g Abs. 2 Nr. 3 BGB ausgeschlossen war. Ein solcher Ausschluss sei nämlich nur bei erheblichen Umbaumaßnahmen und stets in Abwägung mit dem europäisch vorgegebenen Verbraucherschutz möglich.
Und nach dieser Abwägung sei die Errichtung eines Anbaus nicht vergleichbar mit der Vorstellung des europäischen Gesetzgebers und dem Begriff der erheblichen Umbaumaßnahme. Im Übrigen sei der Unternehmer nicht durch eine enge Auslegung des Widerrufsrechts geschützt, sondern nach § 357 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB, wonach der Unternehmer für seine bis zum Widerruf erbrachten Dienstleistungen Ersatz verlangen könne. Allerdings – und das muss der Unternehmer beachten – gelte dies nur, wenn der Auftraggeber ausdrücklich verlangt, dass der Unternehmer vor Ablauf der Widerrufsfrist mit den Arbeiten beginnt.
Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass das Widerrufsrecht weit über den Widerruf von abgeschlossenen Verträgen im Internet hinausgreift und auch im handwerklichen Bereich seinen Niederschlag finden kann. Hier ist Vorsicht bei der Akquise von Aufträgen sowie dann bei der Umsetzung der Aufträge geboten. Sonst wird der gute Auftrag zum Rohrkrepierer.