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Geleistete Anzahlungen sind kein schädliches Verwaltungsvermögen

In der Erbschaft- und Schenkungsteuer gilt die sogenannte Betriebsvermögensprivilegierung, wonach betriebliche Einheiten im Falle einer unentgeltlichen Übertragung unter gewissen Voraussetzungen zu 85 %, unter Umständen sogar bis zu 100 % steuerfrei gestellt werden. Der Gesetzgeber fördert auf diese Weise insbesondere Unternehmensnachfolgen in mittelständischen Strukturen, was dadurch erreicht wird, dass eine liquiditätsbelastende Erbschaft- und Schenkungsteuer (weitestgehend) vermieden wird. Dadurch sollen Arbeitsplätze, Wirtschaftskraft und Wohlstand in der Region erhalten bleiben. Durch Nachbetrachtungszeiträume wird Missbrauch vermieden.

Schädliches Verwaltungsvermögen

Nicht privilegiert ist grundsätzlich sogenanntes schädliches Verwaltungsvermögen, das in der unternehmerischen Einheit im Zeitpunkt der Übertragung vorhanden ist. Hierzu gehören insbesondere Zahlungsmittel, Geschäftsguthaben, Geldforderungen und andere Forderungen, wobei die Berechnung der konkreten Größe des schädlichen Vermögens sehr differenziert ist. Eine einfache Antwort auf die Frage, ob schädliches Verwaltungsvermögen existiert, ist nicht möglich. Es ist eine genaue Analyse des Status quo und vor allem auch der Entwicklung des potentiell schädlichen Verwaltungsvermögens im Vorfeld einer Übertragung erforderlich (Stichwort: Erfassung „jungen“ Verwaltungsvermögens/“junger“ Finanzmittel).

Anzahlungen sind keine „anderen Forderungen“

Der BFH hatte in diesem Zusammenhang die Frage zu klären, ob geleistete Anzahlungen des übertragenen Unternehmens, und damit sogenannte Sachleistungsansprüche, unter den Begriff der „anderen Forderungen“ fällt, und damit grundsätzlich schädliches Verwaltungsvermögen sein können. Glücklicherweise kam der BFH mit guten Argumenten zu dem Ergebnis, dass dem nicht so sei. Er stellte klar, dass Sachleistungsansprüche grundsätzlich keine Geldforderungen darstellten, selbst wenn abstrakt im Falle des Scheiterns der Vertragsbeziehung ein Rückforderungsanspruch in Geld entstehen könnte. Dies setze aber ein weiteres Ereignis voraus, sodass ohne ein solches zusätzliches Ereignis grundsätzlich der Sachleistungsgedanke im Vordergrund stehe, und damit grundsätzlich nicht vergleichbar sei mit vom Gesetzgeber in dieser Norm in den Blick genommenen Geldforderungen.

Vorsicht bei Anzahlungen auf Verwaltungsvermögen

Der BFH legt also den Begriff der „anderen Forderungen“ eng aus und verhindert dessen Anwendung insbesondere bei solchen Sachleistungsansprüchen, die darauf gerichtet sind, betriebliche Wirtschaftsgüter anzuschaffen. Offen lässt der BFH leider die Frage, ob Anzahlungen auch dann kein schädliches Vermögen sind, wenn sie darauf gerichtet sind, schädliches Verwaltungsvermögen zu erwerben. Dies bedurfte in dem Fall des BFH keiner Entscheidung. Aus Beratersicht ist an dieser Stelle also Vorsicht geboten, wenn auch das Argument der Sachleistung statt Geldleistung grundsätzlich auch hier greifen müsste (auch solche Forderungen sind eben kein Geldvermögen und keine Finanzmittel, wie der Gesetzgeber sie in den Blick nehmen wollte). Allerdings könnte dies im Falle eines Rechtsstreits vom BFH mit teleologischen Gründen auch anders gewertet werden.

Anzahlungen an das übertragene Unternehmen

Hinzuweisen ist an dieser Stelle auch darauf, dass empfangene Anzahlungen (also ein Kunde leistet Anzahlungen an das übertragene Unternehmen) ohne weiteres als Schulden zu berücksichtigen sind, auch wenn es sich hierbei um Sachleistungs-Schulden handelt. Dies stellt der BFH in seiner Entscheidung klar.

Fazit

Die dogmatisch saubere Begründung des BFH schafft Rechtssicherheit und bestätigt verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten in diesem Kontext, die dadurch entstehen, dass schädliches Verwaltungsvermögen (Geldmittelbestand) in Sachleistungsansprüche gewandelt wird (Anzahlungen auf Betriebsvermögen), womit auf den geplanten Übertragungsstichtag gezielt schädliches Vermögen vermieden / verringert werden kann. Diese Möglichkeit erkennt der BFH grundsätzlich als nicht missbräuchlich an, was allerdings stets im Einzelfall verifiziert werden sollte.

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