Häufig kommt es vor, dass ein Arbeitnehmer erkrankt ist, er sich aber dennoch in der Zeit seines Krankseins einer neuen Arbeitsstelle zuwenden will und dies auch tut. Normalerweise beendet ja die Krankmeldung nicht den Arbeitsvertrag; das bedeutet freilich nicht, dass der Arbeitgeber in bestimmten Fällen nicht berechtigt sein könnte, das Arbeitsverhältnis trotz Krankmeldung zu kündigen.
Dann kann der Arbeitnehmer eine neue Stelle annehmen, obwohl er krankgemeldet ist. Dasselbe gilt, wenn der Arbeitnehmer sich krankgemeldet hat und zugleich sein Arbeitsverhältnis kündigt.
Wie wirkt sich das auf seinen Entgeltfortzahlungsanspruch aus?
Die Frage lag dem Landesarbeitsgericht Niedersachsen zur Entscheidung vor: Der Arbeitnehmer war bereits vor der arbeitgeberseitigen Kündigung arbeitsunfähig; er ließ sich bis zum Ende der Kündigungsfrist durch mehrere Folgebescheinigungen krankschreiben, und schied dann aus.
Allerdings war er nach Ende seiner Kündigungszeit wieder arbeitsfähig und er trat bei einem neuen Arbeitgeber seine neue Stelle an.
Das Gericht sah darin aber keine Änderung des Beweiswerts für seine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Zeit zuvor. Typischerweise, so die Rechtsfolgen des Bundesarbeitsgerichtes, muss der Arbeitnehmer, der nach Erhalt der arbeitgeberseitigen Kündigung eine neue Stelle antreten will, damit rechnen, dass seine eingereichte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung im Beweiswert, dass er seine Arbeitsstelle nicht mehr würde wahrnehmen können, erschüttert ist. Das gilt allerdings nicht, wenn er durch Folgebescheinigungen, wie hier, auf eine längere Sicht hin krankgeschrieben ist, dann vom Arbeitgeber gekündigt wird und er daraufhin bis zum Ende der Krankschreibungszeit „krankfeiert“, um sodann beim neuen Arbeitgeber anzufangen. Dann hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung für die gesamte Zeit seiner Krankmeldung noch beim alten Arbeitgeber! Das hat das Landesarbeitsgericht Niedersachsen so entschieden, allerdings noch nicht endgültig und rechtskräftig; die Entscheidung obliegt dem Bundesarbeitsgericht, das sich am 13.12.2023 damit beschäftigen wird (siehe Handelsblatt 24.10.2023, Seite 29).