Kann gegen eine juristische Person eine Geldbuße verhängt werden, auch ohne dass eine bestimmte konkrete und benannte natürliche Person, die für das Unternehmen tätig ist, hier tätig gewesen ist (Sogenanntes Zurechnungsmodell)?
Kann die Verhängung von Bußgeldern gegen ein Unternehmen auch verschuldensunabhängig erfolgen?
Das Kammergericht Berlin hatte dem Europäischen Gerichtshof ein Bußgeldverfahren zur Endentscheidung vorgelegt, in dem die Berliner Datenschutzbehörde gegen ein Unternehmen ein millionenschweres Bußgeld verhängt hatte. Das Kammergericht Berlin wurde allerdings vom EuGH nicht bestätigt: Der deutsche Grundsatz, dass der Verstoß einer bestimmten Person zugerechnet werden müsse (Zurechnungsmodell), hätte beachtet werden müssen. Eine Geldbuße gegen eine juristische Person sei eben nicht von der vorherigen Feststellung eines Verstoßes durch einen oder mehrere konkret benannte natürliche Personen abhängig, die für das Unternehmen handeln. Damit hat der EuGH dem deutschen Zurechnungsmodell eine Absage erteilt.
Aber es akzeptierte die Entscheidung dennoch nicht, weil nämlich die Datenschutzbehörde im Geldbuße-Verfahren nicht festgestellt habe, dass der geahndete Verstoß durch vorsätzliches oder fahrlässiges Verhalten von maßgeblichen natürlichen Personen erfolgt sei: Darauf könne nicht verzichtet werden: Die DSGVO sei nicht verschuldensunabhängig ausgerichtet, sondern die Datenschutzbehörden müssten feststellen, dass für den geahndeten Verstoß ein bestimmtes Verhalten vorsätzlich oder fahrlässig geworden ist, jedenfalls nicht ein verschuldensunabhängiger Verstoß vorgelegen habe.
Die Sache liegt nun dem EuGH zur Entscheidung vor, ob das deutsche Zurechnungsmodell wirklich beseitigt worden sei und dass eine verschuldensunabhängige Verhängung von Bußgeldern unzulässig sei. Mit einer Entscheidung des EuGH sei noch in diesem Jahr zu rechnen.