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Unternehmensbewertung: Bewertung von Familienunternehmen

Familienunternehmen sind häufig Klein- oder Mittelunternehmen (KMU). Solche sind dadurch gekennzeichnet, dass typischerweise der Eigentümer und Risikoträger zugleich auch die Geschäfte führt. Bei Großgesellschaften dagegen ist das Risikokapital zumeist auf eine Vielzahl von Risikoträgern verteilt, zudem ist häufig ein Fremdmanagement für die Unternehmungsführung verantwortlich.

Bei KMU ist ein weiteres Spezifikum die fehlende Diversifikation: Ein KMU verfolgt in der Regel nur einen einzigen Gesellschaftszweck, ist also nicht breit aufgestellt. Das führt natürlich dazu, dass auch die Nachfolge oder der Verkauf solcher Unternehmen besonders schwierig ist: Denn die Auswahl geeigneter Nachfolger auf eine bestimmte Branche und Größe eines Unternehmens dürfte nur beschränkt sein. KMU sind damit nur eingeschränkt fungibel.

Genau diese Risiken und Beschränkungen machen sich natürlich auch in der Unternehmensbewertung bemerkbar.

Zum einen sind für alle Unternehmen die verschiedenen Bewertungsanlässe zu differenzieren: Soll etwa das Unternehmen verkauft werden?

Das ist ein anderer Fall, als wenn das Unternehmen fortbestehen soll, aus dem nur einer oder mehrere Gesellschafter ausscheiden. Dann können nämlich die verbleibenden Gesellschafter mit den von ihnen selbst erwirtschafteten Erträgen, wie sie in der Vergangenheit generiert wurden, rechnen, freilich unter Berücksichtigung des „Wegfalls“ eines oder mehrerer ausscheidender Gesellschafter.

Will dagegen ein Fremdinvestor das Unternehmen kaufen, so verfolgt er regelmäßig strategische Ziele, die in die Bewertung einzubeziehen sind, so dass er in der Lage ist, einen höheren Preis zu zahlen: Denn maßgeblich für die Wertfindung ist stets der prognostive Zukunftserfolg!

Ein besonderes Spezifikum einer Unternehmensbewertung kann die Feststellung und Findung eines fairen Auseinandersetzungsbetrages namentlich bei Familienunternehmungen sein: Wenn etwa der Unternehmer sich scheiden lässt und sein scheidender Partner den Zugewinnausgleich fordert; wenn ein Gesellschafter durch Tod ausscheidet und seine Erben mit dem Unternehmen nichts zu tun haben wollen, aber hierauf ihren Pflichtteil geltend machen. Hier entsteht ein typisches Problem, das KMU betrifft. Denn die für die Unternehmensbewertung grundsätzlich maßgebende Fortbestandsfiktion ist hier oft kein Raum.

Gerade bei Familienunternehmen muss also besondere Rücksicht genommen werden, dass der fortführende Unternehmer nicht seine Existenz dadurch verliert, dass er einen objektiv sogar nachvollziehbaren Unternehmenswert bezahlen müsste: Das kann er häufig aus eigenen Mitteln nicht; Fremdmittel bekommt er zu diesem Zweck regelmäßig nicht. Deshalb ist es geboten, bei der Bewertung von Familienunternehmen die den Unternehmer treffenden Belastungen zur Finanzierung des Abfindungspreises bei der Ertragswertfindung zu berücksichtigen. Auf diese Weise gelangt man also zu einem „fairen Einigungswert“. Auf einen solchen hat ein Unternehmer auch Anspruch, er kann notfalls vom Gericht festgestellt werden; es ist lege artis, ihn auch nach den gängigen objektiven Unternehmensbewertungsrichtlinien zu beachten.

Wie findet man nun den Unternehmenswert:

1.

Vielfach sehen Gesellschaftsverträge vor, dass für die Bewertung von Anteilen das (veraltete und nicht mehr gültige) Stuttgarter Verfahren gelten soll. Dieses bewertet nur die Vergangenheitsergebnisse wie folgt:

Der gemeine Wert aller Vermögensgegenstände des Unternehmens wird addiert zum fünffachen Wert der Vergangenheitserträge, die nach Aktualität der Erzielung gewichtet sind. Die Summe beider Werte ist der Unternehmenswert (allerdings vor dem spezifischen Steuerabschlag von 32 %, der oft ausgeschlossen wird).

2.

Aber damit wird man dem Wert des lebenden Unternehmens nicht gerecht: Denn dieses lebt in Zukunft, nicht in der Vergangenheit. Der Bewerter muss also Zukunftsprognosen anstellen. Er rechnet die vermuteten und aus der Vergangenheit plausibel abgeleiteten Zukunftserträge des Unternehmens nach Steuern aus, wobei er hierbei systematische, d. h. typische Risiken des Unternehmens (etwa in einer neu entstehenden Konkurrenzsituation, einer Marktverlagerung, einer konkurrenzierenden neuen Geschäftsidee oder Ähnlichem) in der Umsatzprognose berücksichtigen wird.

Diese Zukunftserträge werden nun um darauf anfallende Steuern bereinigt (Nettoerlöse) und auf den Bewertungszeitpunkt abgezinst.

Damit gewinnt man einen Nettoertragsansatz, der mit der Rendite aus einer Alternativanlage verglichen wird. Ist die Alternativanlage rentierlicher, macht das Unternehmen wirtschaftlich „wenig Sinn“.

Die Summe dieser Prognoseerträge auf einen voraussichtlichen Zeitraum (z. B. 5 Jahre) berechnet, belegt die Ertragskraft des Unternehmens (wenn auch abnehmend, je nach prägender Tätigkeit des Ausscheidenden im Unternehmen). Sie ergibt dann den Unternehmenswert bei KMU.

3.

Ist das zu bewertende Unternehmen dagegen ein Großunternehmen, dann wird man davon ausgehen können, dass die bestehenden Unternehmensmittel auch weiterhin, unabhängig von der Person des Ausscheidenden (oder Verkäufers), genutzt werden können. Nicht nur die zeitlich begrenzten Erträge nach dem Bewertungsstichtag sind maßgeblich wie bei den KMU, sondern der letzte ermittelte Prognosewert (etwa des Jahres 05) wird auf ewig kapitalisiert.

Hierzu ermittelt man den typischen Basiszins, der sich am Kapitalmarkt orientiert, der freilich wegen des spezifischen Anlagerisikos um eine Marktrisikoprämie zu erhöhen ist, die aber wiederum, je nach Branche und je nach Größe, aber auch je nach vergleichbaren Unternehmen, zu differenzieren sein wird. Man kann hierbei wie folgt vorgehen:

Abgezinste Summe der nach dem Ausscheiden folgenden nächsten 3-5 Jahre, so lange die vom Ausscheidenden mitgeschaffene Ertragskraft nachwirkt: z. B. (20 + 30 + 10 +10 +30 =) 100 (so Ergebnis bei KMU).

Der letzte Jahresertrag (z. B. 30) wird dann wie folgt kapitalisiert:

Der Basiszins wird (auch heute) allgemein mit 2,5 % angenommen, erhöht um eine Marktrisikoprämie (wie sie auch der Gesetzgeber zum neuen Bewertungsrecht vorsieht) von 4,5 %, die, je nach Spezialität des Unternehmens, noch durch den sog. Betafaktor modifiziert wird. Ist das Unternehmen besser als eine mögliche Gruppe vergleichbarer Unternehmen, so ist der Betafaktor <1 und mindert die Marktrisikoprämie, ist das Unternehmen schlechter als die Vergleichsgruppe, erhöht sich der Betafaktor und damit auch die Marktrisikoprämie. Basiszins + modifizierte Marktrisikoprämie werden kapitalisiert (hier muss bekannt sein, dass, je höher der Kapitalisierungszins ist, desto niedriger der Unternehmenswert ausfallen wird).

Im Beispiel also:

Basiszins                                                                                                          2,5 %

+Marktrisikoprämie                                                                                       4,5 %

Betafaktor 1,0 (weil Unternehmen hier weder

besonders gefahrorientiert aufgestellt ist oder nicht)

./.üblicherweise

Wachstumsabschlag                                                                                    – 1,0 %

6,0 %

Der gefundene Betrag des letzten abgezinsten

Nettoerlöses (30) ist bei einem Großunternehmen dann

auf Ewigkeit fortzurechnen, indem er durch 6 %

dividiert wird, was dann den Ertragswert abgibt von                                500

+ natürlich die                                                                                                    100

aus den ersten fünf Jahren.

Ein Großunternehmen wäre also mit                                                              600

zu bewerten,

ein Klein- und Mittelunternehmen dagegen nur mit                                    100

4.

Hat das Unternehmen aber keine nennenswerten Erträge, weil es etwa in einen Dauerverlust läuft, so ist die betriebswirtschaftliche Empfehlung nur die: Legen Sie das Unternehmen still und liquidieren Sie es. Dieser Liquidationswert ist dann der bloße Anhaltewert für die Bewertung des ausscheidenden Gesellschafters. Denn wenn kein Ertragswert erwirtschaftet wird, wird kein Investor den Substanzwert bezahlen, der ja sein eingesetztes Kapital nicht angemessen verzinsen kann!

5.

Im Ergebnis bestehen mithin folgende Bewertungswege und –Ergebnisse:

 

a) Stuttgarter Verfahren:

Wert des Betriebsvermögens

+ (5 x ø-Ertrag der Vergangenheit)

(ggf. ./. 32 %)

 

b) Bewertung KMU:

Vergangenheitserträge indizieren zeitlich limitierte Zukunftserträge, auf die sich die Ertragskraft des Ausgeschiedenen noch auswirkt, abgezinst auf Bewertungsstichtag

 

c) Bewertung Großunternehmen:

wie vor, aber zusätzlich wird der jüngste ermittelte Zukunftsertrag „auf ewig“ kapitalisiert

 

d) Substanzwert:

betriebswirtschaftlich unmaßgeblich (= Zerschlagungswert = unterster Wertansatz)

 

e) in Familienunternehmen:

„fairer Einigungswert“ etwa unter Berücksichtigung durch Abfindung entstehender Finanzierungslas

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