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Gesellschafter: Shoot-out-Klauseln

Gerade im Mittelstand und bei Familienunternehmen gibt es viele paritätisch gebildete Gesellschaften, in denen der eine Gesellschafter (-Stamm) so stark ist wie der andere. Das rührt meistens aus der Gründungsszenerie, dass sich (zwei oder mehrere) Personen zusammenschließen und gemeinsam wirtschaften wollen. Da sie gemeinsam anfangen, wollen sie gleichermaßen beteiligt sein.

So weit, so gut:

Was aber passiert, wenn die Gesellschafter sich nicht mehr mögen? Der eine verlangt, dass der andere austritt, und umgekehrt. Es kommt zu Prozessen. Diese sind nicht nur zeitraubend, langwierig, und in den seltensten Fällen „zufriedenstellend“. Das Gesellschaftsverhältnis ist zerrüttet, es sollte beendet werden. Aber der Beendigung steht entgegen, dass man oft über die Abfindung nicht einig wird. Während der eine bereit ist auszuscheiden, aber zu einem hohen Abfindungswert, will der andere in der Gesellschaft bleiben, aber nicht so viel für die Übernahme des anderen Anteils zahlen.

Wie löst sich das Problem? Der Gesellschaftsvertrag sollte dazu etwas sagen!

Klar ist, dass nicht der eine Gesellschafter einfach so den anderen ausschließen kann. Solche „Willkürklauseln“ sind sittenwidrig.

Aber in der Praxis kommen so genannte „Shoot-out-Klauseln“ vor, die eine gute Hilfestellung geben können:

Was heißt das? Beim Shoot-out denkt man an Texas, sieht schon die Revolverhelden sich gegenüberstehen, und weiß, dass der schnellste Schütze Sieger wird.

Im Abfindungsrecht kann diese danach genannte Texan-Shoot-out-Klausel so gestaltet werden, dass jederzeit der eine dem anderen anbieten kann, seinen Anteil erwerben zu wollen; er nennt seinen Preis; der andere hat dann die Möglichkeit einzuwilligen oder gegen einen übersteigenden Preis den Anteil des Antragenden zu erwerben. Hierbei kann man regeln, dass jede Partei nur einen oder zwei, möglichst nicht mehr „Schüsse im Rohr“ hat, bis der Höchstbietende den Anteil des anderen übernimmt.

Oftmals regeln die Gesellschafter die Pattsituation bei Abfindungen auch so, dass sie ihr Angebot in eine Box stecken, und das höhere Angebot „gewinnt“. Der, der das niedrige Angebot abgegeben hat, muss verkaufen. Das nennt man „sizilianisches Shoot-out“.

Bei der so genannten „Russisch-Roulette“-Klausel wird so verfahren, dass der eine dem anderen Gesellschafter ein Angebot zum Erwerb seiner Beteiligung macht. Nimmt der Angebotsempfänger an, muss er zu dem aufgerufenen Preis verkaufen. Will er das aber nicht und nimmt er deshalb das Angebot nicht an, so muss er seinerseits seine Beteiligung zu demselben Preis verkaufen und übertragen.

Die Roulette-Klausel beinhaltet also die Gefahr, dass der, der ein Angebot unterbreitet, nicht weiß, ob er seinen Anteil verkaufen kann oder ob er nicht den Anteil des anderen kaufen muss. Aber diese Unsicherheit ist hinzunehmen, um eben nicht durch eine Pattsituation jahrelange Rechtsstreitigkeiten zu gewärtigen.

Erstmalig hat ein Oberlandesgericht in Deutschland mit Urteil vom 20.12.2013 entschieden, dass derartige Klauseln in Gesellschaftsverträgen nicht per se unwirksam seien. Sie seien insbesondere keine sittenwidrigen Hinauskündigungsklauseln, wie eingangs geschildert. Vielmehr seien sie sinnvoll, um eine rasche Trennung zum Schutz der Gesellschaft herbeizuführen.

Es wird deutlich: Pattsituationen über Abfindungsregeln sollten möglichst nicht zu ellenlangen Rechtsstreitigkeiten führen, sondern die Unternehmer und Gesellschafter können dem wirksam durch geeignete Shoot-out-Klauseln begegnen!

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