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Vorsicht Schenkungsfalle – vergünstigte Darlehen und Co.

Gerade im familiären Umfeld dürfte es nicht ungewöhnlich sein, dass man sich untereinander großzügig und gegenseitig unterstützend zeigt. Die Nichte darf die Mietwohnung in Berlin günstig oder gar unentgeltlich nutzen. Der Bruder erhält ein eher großzügiges Gehalt im eigenen Unternehmen. Die Eltern erhalten ein zinsgünstiges Darlehen. So nachvollziehbar und emotional geboten die jeweiligen Entscheidungen zu sein scheinen, so häufig tragen sie verborgen steuerrechtliche Fallstricke in sich.

Verbilligtes Darlehen

Ganz aktuell hatte sich der BFH mit einem Sachverhalt zu beschäftigen, bei dem der Kläger von seiner Schwester ein Darlehen über knapp 2 Mio. EUR zur Verfügung gestellt bekommen und hierfür lediglich 1 % p.a. Zinsen zu zahlen hatte. Das Finanzamt nahm in Höhe der Differenz des Zinssatzes zu einem Zinssatz von 5,5 % p.a. einen Schenkungstatbestand an, und zwar in Höhe des kapitalisierten Zinsvorteils, wobei das Finanzamt einen Kapitalisierungsfaktor von 9,3 des Jahreswertes annahm. Die Schenkung umfasste damit einen Wert in Höhe von etwa 800 TEUR; die Steuerlast lag mangels nennenswerter persönlicher Steuerfreibeträge zwischen Geschwistern bei knapp 230 TEUR.

Entscheidung des BFH, Urteil vom 31.07.2024 – II R 20/22

Die schlechte Nachricht vorneweg: Der BFH bestätigte die Finanzverwaltung dem Grunde nach und erkannte ebenfalls in der verbilligten Überlassung von Kapital einen Schenkungsteuertatbestand. Die gute Nachricht folgt allerdings: Als maßgebliche Vergleichsgröße sah der BFH den fremdüblichen, feststellbaren (nicht zwingend vom Steuerpflichtigen nachzuweisenden!) Zinssatz am Markt an. Nur für den Fall, dass kein Zinssatz festgestellt werden könne, sei der Alternativzinssatz von 5,5 % anzuwenden. Abschließend folgte aber wieder eine aus Sicht der Steuerpflichtigen schlechtere Nachricht: Der BFH sieht als Besteuerungsgegenstand ebenfalls den kapitalisierten Zinsvorteil an und hatte keine Einwände gegen die Anwendung des Kapitalisierungsfaktors in Höhe von 9,3, da bei unbestimmten Laufzeiten genau dies die Grundlage sei, die das Bewertungsgesetz in § 13 Abs. 2 vorsehe. Im Ergebnis reduzierte der BFH aufgrund des deutlich niedrigeren, festgestellten fremdüblichen Zinssatzes aber die Schenkungsteuerlast erheblich. Als Warnung bleibt aber im Raum stehen:

Jede Zinsvergünstigung ist potenziell schenkungsteuerpflichtig; maßgeblich ist der kapitalisierte Zinsvorteil im Zeitpunkt, in dem der Darlehensbetrag mit der Zinsvergünstigung ausgereicht wird. Anders, als vielfach angenommen, sind nicht die ratierlich nicht gezahlten Zinsen Schenkungsgegenstand. Je nach Darlehenshöhe sind schnell die persönlichen Freibeträge deutlich überschritten, womit auch das Risiko des Vorwurfs einer Steuerhinterziehung steigt.

Verbilligte Miete

Auch bei vergünstigten Mietverträgen könnte man fortan auf die Idee kommen, dass auch diesbezüglich in Höhe der Differenz zum ortsüblichen Mietzins eine Schenkung anzunehmen ist. Allerdings steht dem vielleicht der Wortlaut des § 21 Abs. 2 EStG entgegen, der eine – zumindest für Einkommensteuerzwecke – verbindliche Kategorisierung als „entgeltlich“ oder „unentgeltlich“ vorsieht, je nachdem, inwieweit eine Abweichung von der ortsüblichen Miete gewählt wurde. Liegt die Miete nicht unter 66 % der ortsüblichen Miete, dann gilt sie als entgeltlich, was sich insbesondere auf die Einkünfteerzielungsabsicht und die Abziehbarkeit von Werbungskosten bezieht. Ob sich damit jegliche schenksteuerliche Betrachtung erübrigen muss, scheint bislang kein Thema gewesen zu sein. Soweit ersichtlich hing bislang die Frage einer möglichen Schenkung bei vergünstigter Mietüberlassung davon ab, ob die Mietwohnung mit der Absicht angeschafft wurde, einen ortsüblichen Mietzins zu erzielen, woraus dann abgeleitet wurde, dass bei einer vergünstigten Überlassung tatsächlich eine Entreicherung stattfindet, die zur Bereicherung des Begünstigten führt. Wird eine Mietwohnung allerdings erworben, um sie unentgeltlich einer dritten Person zu überlassen, so fehlt es bereits an der Entreicherung, da der Mietertrag von Beginn an nicht erwartet wurde. Ob diese Argumentation auch nach der Rechtsprechung des BFH zur verbilligten Darlehenshingabe greifen wird, ist schwer zu sagen.

Nicht fremdübliches Gehalt

Wird die Überzahlung eines Mitglieds der Familie im Rahmen eines Anstellungsverhältnisses festgestellt, so führt dies ertragsteuerlich nicht selten zur Feststellung sogenannter verdeckter Gewinnausschüttungen. Im Ergebnis sind nur die fremdüblichen Kosten absetzbar, während ein darüberhinausgehender Betrag dem Gesellschafter der GmbH als Ausschüttung zugerechnet wird. Insoweit ist ein Abzug als Betriebsausgaben ausgeschlossen.

Aber auch hier droht zusätzlich schenkungsteuerlich Gefahr, da die Finanzverwaltung nicht selten versuchen wird, die „Überzahlung“, die letztlich beim (familienangehörigen) Arbeitnehmer angekommen ist, zusätzlich als Schenkung zwischen dem Gesellschafter und dem Arbeitnehmer zu qualifizieren. Somit drohen nicht nur ertragsteuerliche Konsequenzen, sondern auch schenkungsteuerliche.

Fazit

Die Rechtsprechung des BFH macht deutlich, dass gerade der weitverbreitete Usus, sich innerhalb der Familie durch Vergünstigungen zu unterstützen, nicht selten mit ertrag- und schenkungsteuerlichen Fallstricken belastet ist, die im Einzelfall massive Schmerzen auslösen können. Vorsicht und guter Rat sind geboten.

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