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Spekulationssteuer bei Verkauf eines Erbanteils?

Es kommt sehr häufig vor, dass in Erbfällen (größeres) Immobilienvermögen in der Verwaltung der Erbengemeinschaft landet. Nicht so häufig ist es aber erfahrungsgemäß, dass die Erbengemeinschaft aus homogen agierenden Erben besteht, die langfristig die gleichen Interessen verfolgen. Insofern wird es regelmäßig dazu kommen, dass die Erbengemeinschaft sich über den Nachlass auseinandersetzen wird. Gerade in diesem Kontext ist die Spekulationssteuer nach § 23 EStG zu beachten, da Immobilien, die nicht länger als 10 Jahre im Eigentum gehalten wurden, im Falle einer Veräußerung die Einkommensteuerpflicht auslösen. Die Erben setzen in solchen Konstellationen die Behaltefrist des Erblassers fort (sog. Fußstapfentheorie). Für die Berechnung der 10-Jahresfrist kommt es also auf die ursprüngliche Anschaffung des Grundstücks durch den Erblasser an.

Verkauf eines Erbanteils

Der BFH hatte in einem Fall zu entscheiden, bei dem in einer Erbengemeinschaft ein Grundstück gelandet war, das noch keine 10 Jahre im Bestand des Erblassers gehalten wurde, sodass bei einem Verkauf des Grundstückes an mehrere fortführungswillige Miterben zwecks Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft (anteilig) Spekulationssteuer angefallen wäre. Tatsächlich aber löste die Erbengemeinschaft die diesbezügliche Auseinandersetzung dadurch, dass der nicht fortführungswillige Miterbe seinen Erbanteil an die übrigen Miterben verkaufte, und damit das Grundstück mittelbar auf die fortführungswilligen Miterben überging.

Entscheidung des BFH

Der BFH entschied konsequent dogmatisch – aber in Abweichung zu einer früheren Rechtsprechung – und stellte fest, dass für die Anwendbarkeit der Spekulationssteuer gesetzlich vorausgesetzt wird, dass das angeschaffte Wirtschaftsgut (hier: das vom Erblasser angeschaffte Grundstück) auch das nämliche Wirtschaftsgut ist, das innerhalb der Spekulationsfrist veräußert wird (hier: Verkauf Erbanteil an Miterben). Dies konnte vorliegend nicht festgestellt werden, da die Anschaffung des Grundstückes nicht nämlich war mit der Veräußerung des Erbanteils (Grundstück und Erbanteil sind unterschiedliche Wirtschaftsgüter). Daher kam der BFH zum Ergebnis, dass die Veräußerung des Erbanteils – wenn auch wirtschaftlich mit dem Ergebnis, dass die übrigen Miterben „mittelbare Eigentümer“ des Grundstücks wurden – nicht mit Spekulationssteuer belastet werden durfte. Als Argument ließ der BFH auch nicht gelten, dass grundsätzlich bei Gesamthandsgemeinschaften das Steuerrecht transparent auf die Wirtschaftsgüter im Sinne einer sogenannten Bruchteilsbetrachtung durchgreife: Dieses Argument gelte nur für private Einkünfte, die auf Gesamthandsebene (nach MoPeG 2024: auf Personengesellschaftsebene) erzielt, nicht aber für mögliche Einkünfte, die auf Gesellschafterebene erzielt würden.

Fazit und Gestaltungsansatz

Die Entscheidung des BFH ist sehr zu begrüßen, weil sie dogmatisch nachvollziehbar ist und zugleich Rechtssicherheit schafft. Eine analoge Anwendung des § 23 EStG auf Wirtschaftsgüter, die nicht nämlich sind, wenn auch wirtschaftlich ähnlich, wäre für den Steuerpflichtigen und für die Beraterschaft schwierig zu beherrschen gewesen. Gerade mit dem MoPeG dürfte die Argumentation des BFH noch deutlich fundamentierter geworden sein, da der Begriff der Gesamthand bei Personengesellschaften nicht mehr existiert, und damit jede Personengesellschaft als eigenes Rechtssubjekt (wenn auch nicht Steuersubjekt) wahrzunehmen ist, was die fehlende Nämlichkeit unterstreicht.

Zugleich enthält die Entscheidung aber auch ein nicht unbedeutsames Gestaltungspotenzial, da es den Steuerpflichtigen häufig freisteht, im Rahmen einer Erbauseinandersetzung die Wirtschaftsgüter des Nachlasses zu übertragen, oder aber die Erbanteile. Auf diese Weise können in Regelfällen (anderes gilt vielleicht bei extremen Gestaltungen) mögliche Steuerverstrickungen aufgrund der Spekulationsfrist umgangen werden, ohne dass dies als Gestaltungsmissbrauch aufgegriffen werden dürfte (so zumindest müsste der BFH zu verstehen sein). Vorsicht ist aber geboten, wenn ein Erbanteil mehrmals innerhalb von 10 Jahren veräußert wird: Denn auch ein Erbanteil ist ein Wirtschaftsgut, das der Spekulationssteuer unterliegt!

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