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Sind die Tätigkeiten von Gesellschafter-Geschäftsführern einer Einpersonengesellschaft für Dritte sozialversicherungspflichtig?

In der Vergangenheit wurde bislang häufig versucht, gerade bei der Zusammenarbeit mit sogenannten Freelancern eine Scheinselbstständigkeit zu vermeiden, indem man Verträge und Aufträge nicht mehr direkt zwischen Auftraggeber und Freelancer als natürlicher Person  geschlossen hat, sondern zwischen dem Auftraggeber und einer Einpersonengesellschaft, die von dieser natürlichen Person gegründet worden ist.

Wenn nämlich eine Scheinselbstständigkeit vorliegen sollte, hat bekanntlich der Auftraggeber, also der tatsächliche Arbeitgeber der dort tätigen Person, Sozialversicherungsbeiträge für den vergangenen Tätigkeitszeitraum nachzuentrichten, soweit diese noch nicht verjährt sind, und zwar in der Regel die Arbeitgeber- sowie die Arbeitnehmeranteile. Darüber hinaus ergeben sich bei Feststellung einer Scheinselbständigkeit auch weitere unerwünschte arbeitsrechtliche, steuerrechtliche und gegebenenfalls strafrechtliche Konsequenzen.

Durch einen Vertragsschluss mit einer von dem gewünschten „Mitarbeiter“ gegründeten Gesellschaft hatte man die Hoffnung, wenn man ausschließlich mit dieser Gesellschaft vertragliche Beziehungen unterhält und auch nur an diese Gesellschaft Vergütungen zahlt, dieses Problem mit der Scheinselbstständigkeit zu umgehen.

Nunmehr liegen allerdings drei Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 20.07.2023 vor, wo sich das Bundessozialgericht mit eben dieser Thematik befasst hat. Dort ging es jeweils um natürliche Personen, die als alleinige Gesellschafter und Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften (Unternehmergesellschaft und Gesellschaft mit beschränkter Haftung), diverse Dienstleistungen für den jeweiligen Auftraggeber der Gesellschaft erbracht haben. D.h., diese Tätigkeiten wurden jeweils ausschließlich durch die natürliche Person, also den jeweiligen Gesellschafter-Geschäftsführer der Kapitalgesellschaft erbracht.

In den Verträgen zwischen diesen Einpersonengesellschaften und dem jeweiligen Auftraggeber waren durchaus Regelungen enthalten, die teilweise von einer freien Mitarbeit sprachen, es waren z.B. bestimmte Beratertage pro Woche mit einem pauschalen Tagessatz vereinbart (so BSG- B 12 BA 4/22 R) oder ein Stundenhonorar, wobei aber keine Pflicht zur höchstpersönlichen Leistungserbringung bestanden hat und Einigkeit bestand, dass kein Arbeitsverhältnis begründet werden sollte und keine Weisungsgebundenheit bestand (so BSG- B 12 R 15/21 R) bzw. ein Stundenhonorar sowie Weisungsfreiheit bei Durchführung der beauftragten Tätigkeiten (so BSG- B 12 BA 1/23 R).

In diesen drei Entscheidungen vom 20.07.2023 hat das Bundessozialgericht nochmals seine bisherige Rechtsprechung auch zu anderen Statusverfahren bestätigt, dass die jeweiligen konkreten Umstände der Tätigkeit maßgeblich sind, ob ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt oder nicht.

Diese Grundsätze gelten auch in den Konstellationen, wenn zwar vertragliche Beziehungen zwischen zwei juristischen Personen geschlossen werden, die Tätigkeit aber dann – wie üblich – von der natürlichen Person und zugleich Gesellschafter-Geschäftsführer der Kapitalgesellschaft erbracht wird.

Wie auch schon in früheren Entscheidungen zu Status-Fällen hat das Bundessozialgericht nochmals betont, dass der Geschäftsinhalt maßgeblich ist, der sich aus den ausdrücklichen Vereinbarungen der Parteien und der praktischen Durchführung des Vertrags ergibt, nicht aber aus der von den Parteien gewählten Bezeichnung oder gewünschten Rechtsfolge.

In zwei dieser Entscheidungen hat das Bundessozialgericht daher eine abhängige und somit sozialversicherungspflichtige Beschäftigung des jeweiligen Gesellschafter-Geschäftsführers angenommen, in dem dritten Fall konnte das Bundessozialgericht den Fall nicht abschließend entscheiden, weil noch besondere Feststellungen zur praktischen Durchführung der getroffenen Vereinbarungen fehlten.

Fazit: Der Abschluss von Verträgen mit Einpersonengesellschaften (UG, GmbH) mit dem Ziel, die Annahme einer Scheinselbstständigkeit zu vermeiden, bei der im Ergebnis aber nur der Gesellschafter-Geschäftsführer persönlich die auszuführenden Tätigkeiten erbringen wird, kann daher nicht empfohlen werden. Es ist davon auszugehen, dass bei Betriebsprüfungen durch die Deutsche Rentenversicherung der Status von Gesellschafter-Geschäftsführern verstärkt in den Blick genommen und geprüft werden wird. Vertrauensschutz sowie ein Bestandsschutz kommen in der Regel nicht in Betracht.

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