Diese Frage stellt sich häufig bei drohenden Insolvenzen von Gesellschaften, die wohl beraten werden von Rechtsberatern (Anwälten, aber auch Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern hinsichtlich der Überschuldung und des Insolvenzgrundes), ob nicht nur die Mandantin selbst, nämlich die Gesellschaft, sondern auch der diese führende Geschäftsführer vom Schutzzweck des Mandates begünstigt wird.
Normalerweise hat ja den Insolvenzbegleitungsauftrag die GmbH selbst gestellt, nicht der Geschäftsführer. Aber es besteht ersichtlich ein sehr enges Verhältnis zwischen der Mandantin, der GmbH, und dem Geschäftsführer, der sich nach den Belehrungen und Hinweisen des Anwaltes der GmbH zu verhalten haben wird. Also ist das Drittinteresse für die Mitglieder des Vertretungsorgans einer auftraggebenden Körperschaft bei drohender Insolvenz gemäß Insolvenzordnung wegen der Haftungsfolgen für diese von hoher Bedeutung: Das lässt sich auch aus dem sogenannten Unternehmensstabilisierungs- und Restrukturierungsgesetz (StaRUG) ableiten, wonach etwa Anwälte im Rahmen der Erstellung eines Jahresabschlusses ihre Mandanten auf das Vorliegen eines möglichen Insolvenzgrundes hinzuweisen haben. Laut BGH besteht also Drittschutz in Form einer Warn- und Hinweispflicht, um ein Risiko für den Geschäftsführer abzuwenden, was dem Rechtsanwalt und Bilanzierungsbetreuer ohne weiteres zumutbar sei.
Der BGH hat deshalb am 29. Juni 2023 (IX ZR 56/22) so entschieden, dass der Geschäftsführer gegen den Berater der GmbH einen unmittelbaren Anspruch hat, über Insolvenzgrund und für ihn sich daraus ergebende Handlungspflichten informiert zu werden, damit er sich im Klaren ist, wie er sich zu verhalten hat, um einen Insolvenzgrund auch in seiner Person zu verhindern und zu vermeiden. Das gilt sogar auch als Pflicht des Rechtsanwaltes gegenüber einem nur faktischen Geschäftsführer! Der BGH hat ein geschütztes Drittinteresse aus der gesetzlichen Insolvenzantragspflicht für Mitglieder des Vertretungsorgans gemäß Insolvenzverwaltung erkannt und Haftungsfolgen für die Berater der Gesellschaft als Anlass gesehen, von sich aus der Belehrungspflicht nachzukommen, und so ihrer Mandantschaft, nämlich der Gesellschaft – und den mitgeschützten Vertretern der Gesellschaft – durch Warn- und Hinweispflicht zu dienen. So werden Haftungsrisiken abgewehrt. Das ist einem Anwalt und Bilanzersteller ohne weiteres zumutbar.