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Ertragsteuerfalle im Umwandlungsteuerrecht: Vorsicht bei Folgeumwandlungen

Häufig ist es in Unternehmen notwendig, die bestehenden gesellschaftsrechtlichen Strukturen an gegebene Umstände anzupassen, mithin gegebenenfalls Rechtsformen umzuwandeln, Gesellschaftsanteile umzuhängen oder Unternehmenseinheiten zusammenzuführen. Nicht selten ist dies auch eine Herausforderung im Rahmen einer Unternehmensnachfolge, gerade wenn im Vorfeld die Unternehmensstruktur angepasst werden soll, beispielsweise dann, wenn die Standortimmobilie zur Versorgung der Senioren aus bestehenden Strukturen herauszuschälen ist, gesellschaftsrechtliche Strukturen harmonisiert werden müssen oder aber eine steuerliche Optimierung vorbereitet werden soll.

Ertragsteuer im Blick

Eines der Ziele in einem solchen Beratungsumfeld ist es, die ertragsteuerliche Neutralität bestmöglich zu wahren, also die Aufdeckung stiller Reserven zu vermeiden. Denn grundsätzlich gilt, dass jede Transaktion, wozu auch die vorgenannten Sachverhalte in der Regel gehören, als ertragsteuerliche Veräußerung oder als veräußerungsähnlicher Vorgang gewertet werden, und damit Ertragsteuer auslösen können.

Einen großen Hebel, dies zu vermeiden, findet der Steuerpflichtige im sogenannten Umwandlungsteuergesetz (UmwStG), das der Gesetzgeber zur Erleichterung von Unternehmensumstrukturierungen in gewissen Konstellationen und unter differenzierten Voraussetzungen geschaffen hat. Mit der Anwendung des UmwStG soll in den bestimmten Fällen die Ertragsteuerpflicht entfallen. In vielen Varianten der Umwandlung gilt hierbei, dass die neue Struktur mindestens 7 Jahre Bestand haben muss, also keine schädlichen Verfügungen getroffen werden, da andernfalls rückwirkend die begünstigte Umstrukturierung nachversteuert wird (sog. Einbringungsgewinn). Das Gebiet ist ein Mienenfeld.

Risiko der Folgeumwandlung

Besondere Aufmerksamkeit verdient in diesem Zusammenhang deshalb die häufig nicht erkannte sogenannte Folgeumwandlung nach einer Umstrukturierung im Rahmen des UmwStG.

In einem Fall, den der BFH kürzlich zu entscheiden hatte (BFH vom 18.11.2020), hatten zwei Gesellschafter ihre jeweils 100 %-ige Beteiligung steuerneutral nach dem UmwStG in eine neue, gemeinsame Holding GmbH eingebracht, um diese im Anschluss durch einen Formwechsel in die Rechtsform einer oHG zu wandeln. Der BFH vertrat die Auffassung der Finanzverwaltung, dass mit der Folgeumwandlung ein schädlicher Veräußerungsvorgang einhergegangen sei mit der Folge, dass die ursprünglich steuerneutrale Einbringung der jeweiligen Beteiligungen in die Holding nachträglich zur Aufdeckung sämtlicher stiller Reserven führte (Einbringungsgewinn).

Begründung des BFH

Der BFH stellte zum einen fest, dass ein Formwechsel grundsätzlich als entgeltliche Veräußerung zu werten sei, was durchaus schwer nachvollziehbar ist, da zumindest handelsrechtlich der Formwechsel lediglich ein Rechtskleidwechsel ist, bei dem es nicht zu einem Wechsel von Rechtsträgern kommt. Der formwechselnde Rechtsträger ist derselbe Rechtsträger vor und nach dem Formwechsel. Eine Gegenleistung in Form von Geschäftsanteilen oder Ähnliches, und damit einen erkennbaren Veräußerungsvorgang, gibt es nicht. Dennoch wertet der BFH diesen Vorgang als veräußerungsähnlich, stellt ihn also der Veräußerung gleich.

Darüber hinaus ignorierte der BFH die Tatsache, dass die Steuerpflichtigen im Rahmen des Formwechsels zur Erreichung der Steuerneutralität die Buchwertfortführung beantragt hatten, also einen Tatbestand des UmwStG nutzten, der die Aufdeckung stiller Reserven gerade verhindern soll. Der BFH entschied, dass für die Frage, ob ein schädlicher Veräußerungsvorgang (Folgeumwandlung) vorliege, dieser Aspekt der grundsätzlichen Steuerneutralität außer Betracht zu bleiben habe, da jedenfalls nach der Wertung des Gesetzes ein Sprung stiller Reserven von dem einen Gesellschafter auf den anderen Gesellschafter aufgrund des Rechtsformwechsels stattgefunden habe, den das Gesetz aber nach dem Verständnis des BFH verhindern wollte. Auch das muss nicht überzeugen.

Hoffnung für Einzelfälle

Lediglich für Fälle, bei denen ein solcher Sprung stiller Reserven nicht erfolge, beispielsweise im Falle einer Folgeumwandlung bei Einpersonengesellschaften, könne er sich eine teleologische Reduktion der Missbrauchsvorschrift vorstellen, und damit von einem schädlichen Veräußerungsvorgang Abstand nehmen.

Fazit

Die Entscheidung des BFH rüttelt auf, da sie die Vorstellung, alle Sachverhalte, die unter dem UmwStG aufgrund der Buchwertfortführung begünstigt sein sollen, führten nie zu einer Aufdeckung stiller Reserven, als fehlerhaft entlarvt. Nur, weil ein Umwandlungsvorgang unter das UmwStG fällt, heißt es künftig nicht automatisch, dass jegliche Gefahr einer ertragsteuerlichen Aufdeckung stiller Reserven gebannt ist. Gerade sämtliche Vorgänge nach einer ersten Umwandlung müssen genauestens analysiert und gegebenenfalls vermieden werden. In geeigneten Konstellationen allerdings lohnt sich eine Abstimmung mit der Finanzverwaltung – gegebenenfalls in Form einer verbindlichen Auskunft -, gerade um die vom BFH offen gehaltene Hintertür nutzbar zu machen.

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