Direkt zum Inhalt wechseln

Richtig vererben: Kryptowährungen im digitalen Nachlass

Wie wichtig es ist, sich frühzeitig um die Gestaltung des eigenen Nachlasses zu kümmern, ist hinlänglich bekannt. Gerade wenn Beteiligungen an Unternehmen oder die klassischen Vermögenswerte wie Immobilien zum Nachlass gehören, empfehlt sich eine steuernde Gestaltung der Übertragung des erarbeiteten Vermögens, um einerseits langwierige Auseinandersetzungen unter den Erben zu vermeiden und andererseits die sich ergebenden Steuervorteile gezielt zu nutzen.

Wie wichtig es ist, bei der umsichtigen Gestaltung den sogenannten digitalen Nachlass nicht zu vergessen, lässt sich nicht nur am Beispiel der Eltern eines verstorbenen Mädchens illustrieren, die in einem aufwendigen Prozess den Zugang zu dem Facebook-Konto ihrer Tochter erlangen wollten. Dieser Rechtsstreit war – wie wir zuvor schon berichteten – für den BGH (Urteil vom 12.07.2018, Az.: III ZR 183/17) Anlass, eine lange andauernde Diskussion darüber zu entscheiden, welche Rechte die Erben an dem digitalen Nachlass inne haben: Auch insoweit treten die Erben im Wege der Universalsukzession umfassend in die Rechtsposition des Erblassers ein, wozu auch die Nutzerkonten bei Facebook, aber auch bei Zahlungsdiensten wie PayPal oder die rein digital geführten Bankkonten gehören.

1. Kryptowährungen als Vermögenswerte

Wesentliche Bedeutung erlangt der digitale Nachlass aber vor allem dann, wenn Vermögenswerte in Kryptowährungen zum Nachlass gehören.

Die bekannteste Kryptowährung Bitcoin (BTC) erblickte als erste digitale Währung im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahr 2009 das Licht der Welt. Der Bitcoin ist dabei nur eine der zahlreichen Kryptowährungen, die als eine Art rein digitaler Währungen auch als Zahlungsmittel eingesetzt werden können und auf entsprechenden Marktplätzen, den sogenannten Krypto-Börsen, gehandelt werden.

Sie war Gegenstand medialer Berichterstattung, als der Wert eines Bitcoins Ende 2017 einen Rekordwert von etwa 16.500,00 EUR erreichte. Die rasante Wertsteigerung sorgte nicht nur für ein hohes Interesse, die gleichsam hohen Wertverluste – schon ein Jahr später war 1 BTC nur noch etwa 3.000,00 EUR wert – offenbarten auch die hohe Volatilität der Kryptowährungen insgesamt und der des Bitcoins im Besonderen. Bedenkt man, dass zum Ende des Jahres 2019 allein in Bitcoin ein Vermögen von etwa 130 Milliarden US-Dollar repräsentiert war, so wird deutlich, dass sich ein beträchtliches Vermögen in den sogenannten Wallets, den elektronischen Brieftaschen, befindet.

Die Besonderheiten dieser Krypto-Vermögenswerte erfordern es, dass sie ebenso wie Unternehmensbeteiligungen und Immobilien als Teil eines ganzheitlichen Konzepts der Vermögensübertragung betrachtet werden.

2. Kryptowährungen in der Testamentsgestaltung

Spätestens seit dem Facebook-Urteil des BGH steht fest, dass die in Kryptowährungen gehaltenen Vermögenswerte aus erbrechtlicher Sicht grundsätzlich nicht anders zu behandeln sind wie Vermögen in Fiat-Währungen wie Euro oder US-Dollar, die auf einem Bankkonto hinterlegt sind. Eine wesentliche Besonderheit ergibt sich jedoch hinsichtlich der Zuordnung des Guthabens und für die tatsächliche Verfügungsgewalt der Erben nach einem Erbfall.

Für eine jede Transaktion werden der Public-Key und der Private-Key benötigt. Der Public-Key ist dabei vergleichbar mit einer Kontonummer, während der Private-Key in etwa einem Passwort entspricht. Mit Hilfe des Private-Keys werden sämtliche Transaktionen autorisiert, so dass dieser essentiell dafür ist, über das in einem Wallet hinterlegte Vermögen auch verfügen zu können.

Die Übertragung des Private-Key an die Erben hängt davon ab, in welcher Weise dieser beim Erblasser vorhanden ist. Befindet er sich auf einem sogenannten Cold-Wallet, etwa einem USB-Stick, so geht der Private-Key entsprechend den testamentarischen Bestimmungen des Erblassers zusammen mit dem Eigentum an dem USB-Stick über.

Befindet sich der Private-Key aber in einem sogenannten Hot-Wallet, etwa wenn er bei einem Online-Wallet hinterlegt und auf den Servern des jeweiligen Anbieters gespeichert ist, können sich beträchtliche Schwierigkeiten für die Erben ergeben, Zugang zu diesem Wallet und den sich darin befindlichen Vermögenswerten zu erhalten.

Hat der Erblasser nicht umsichtig und umfassend Vorsorge dafür getroffen, indem er z.B. in einem Notfallkoffer das Vorhandensein solcher Wallets überhaupt erst dokumentiert hat und zudem dafür gesorgt hat, dass die jeweiligen Erben auch über die erforderlichen Passwörter verfügen, wird die Durchsetzung der Rechte der Erben nicht zuletzt dadurch erschwert, dass der Betreiber der Wallet häufig im außereuropäischen Ausland sitzt. Denn die Vollstreckbarkeit eines deutschen oder europäischen Titels ist im Ausland bei weitem nicht garantiert; ebenso schwierig kann sich bereits die Legitimation der Erben zur Geltendmachung von Auskunfts- und Herausgabeansprüchen gegenüber dem Betreiber gestalten.

3. Wissen und Bewusstsein bei den Erben schaffen

Hier kann der Erblasser etwa dadurch vorsorgen, dass neben der Benennung von klassischen Bankkonten auch Wallets in dem Notfallkoffer bezeichnet sind.

Im Testament sollte eine ausdrückliche Anordnung darüber enthalten ist, wem diese Vermögenswerte zufallen sollen, zudem sollten an gesonderter Stelle die erforderlichen Zugangsdaten für den Berechtigten verfügbar sein. Letzteres kann etwa dadurch geschehen, dass der Erblasser die Zugangsdaten auf einem verschlüsselten Datenträger, etwa einem USB-Stick, sichert und diesen bei einer Vertrauensperson, einem Notar oder in einem Bankschließfach hinterlegt.

Für die Erben ist die Kenntnis über den Private-Key, dessen Aufbewahrungsart und –ort von immenser Bedeutung, da sie ansonsten faktisch nicht über das geerbte Vermögen verfügen können.

Sinnvoll ist auch die Benennung eines Bevollmächtigten oder Testamentsvollstreckers, wobei darauf geachtet werden sollte, dass dieser ein Verständnis für die Materie hat und über die notwendigen Kenntnisse der mit den Kryptowährungen verbundenen Technologien und rechtlichen Hintergründe verfügt, um im Sinne des Erblassers die erforderlichen Handlungen vornehmen zu können.

4. Kryptowährungen und die Erbschaftsteuer

Die Dringlichkeit eines zügigen Zugriffs auf die in einer Kryptowährung hinterlegten Vermögenswerte erfährt eine besondere Relevanz vor dem Hintergrund der erbschaftsteuerlichen Betrachtung, da auch diese Werte der Erbschaftsteuer unterliegen.

Auch wenn einzelne Aspekte noch nicht vollständig geklärt sind, ist nach jetzigem Stand davon auszugehen, dass als Bewertungsmaßstab wie auch bei Aktien der gemeine Wert anzusetzen sein wird.

Denn für die Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer sind Kryptowährungen im Ergebnis als Finanzmittel im Sinn des § 13 b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG einzustufen.

Dies bedeutet wiederum, dass als gemeiner Wert des Kryptovermögens der Betrag zu verstehen ist, der im Verkaufsfall üblicherweise als Erlös zu erzielen wäre, also der Verkehrswert oder der Marktpreis.

Hier können sich für die Erben angesichts der Volatilität der Krypto-Märkte erhebliche Verwerfungen ergeben. Denn bei der Bestimmung des gemeinen Werts wird nach jetzigem Stand das Stichtagsprinzip anzuwenden sein, wonach der Wert zum Zeitpunkt des Erbfalls maßgeblich ist. Hat die Kryptowährung zum Stichtag daher einen hohen Wert, fällt auch die Steuerbelastung entsprechend hoch aus.

Dies kann für die Erben erhebliche Liquiditätsprobleme mit sich bringen, da die Erbschaftsteuer grundsätzlich sofort fällig und in bar, namentlich in Fiat-Währungen, zu begleichen ist. Die Erben stehen insoweit für die Steuerschuld mit ihrem eigenen Vermögen umfassend ein; und auch wenn grundsätzlich eine Stundung der Steuer möglich ist, handelt es sich hierbei um eine Ermessensentscheidung der jeweiligen Finanzbehörde.

5. Hindernisse bei Auszahlung einplanen

Neben den zum Teil erheblichen Kursschwankungen ergeben sich zudem ganz praktische Schwierigkeiten, die einer weiteren Besonderheit der Kryptowährungen geschuldet sind. Denn in vielen Fällen wird eine Auszahlung des in einer Kryptowährung gehaltenen Vermögens in Fiat-Geld nicht ohne weiteres möglich sein. Zum einen wird es bei vielen Krypto-Börsen zuvor erforderlich sein, exotischere Kryptowährungen in gängige wie den Bitcoin oder Ethereum umzutauschen. Für die Auszahlung benötigt die Krypto-Börse auch die erforderliche Liquidität, was je nach Anbieter jedenfalls bei einem gewissen Transaktionsvolumen nicht immer gewährleistet sein dürfte.

Zumeist sehen die Anbieter darüber hinaus Auszahlungslimits vor, so dass sie unter Umständen in mehreren Tranchen erfolgen muss. Schließlich fallen je nach Anbieter erhebliche Transaktionsgebühren an, so dass zum Teil mit hohen Abschlägen zu rechnen sein wird.

6. Fazit

Die vorstehenden Überlegungen zeigen, dass auch Kryptowerte unbedingt bei der umsichtigen Gestaltung der Vermögensfolge berücksichtigt werden müssen. Dank unserer langjährigen Erfahrung bei der Unternehmensnachfolge wie auch der ganzheitlichen Gestaltung der Weitergabe des erarbeiteten Vermögens in die nächste Generation stehen wir Ihnen als verlässlicher Partner zur Seite.

Im Rahmen eines erbrechtlichen Quick-Checks analysieren wir hierzu nach einem persönlichen Gespräch die bereits vorhandenen Testamente, Patientenverfügungen, Vollmachten, aber auch Ehe- und Gesellschaftsverträge, um Ihnen einen ersten Überblick darüber zu verschaffen, welche Regelungen vor dem Hintergrund Ihrer persönlichen Ziele und Vorstellungen gut gelungen sind, an welchen Stellen Optimierungen möglich sind und wo dringender Handlungsbedarf besteht: Sprechen Sie uns an!

Mit unserem Newsletter bleiben Sie juristisch auf dem neusten Stand.