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Erbschaftsteuer auch für Schenkungen/Erbschaften nach dem 30.06.2016 bis zum 09.11.2016?

Wie sich sicherlich viele erinnern werden, hat das Bundesverfassungsgericht Ende 2014 dem Gesetzgeber aufgegeben, die vom Gericht geprüfte Erbschaftsteuer 2009 zu justieren und bis zum 30.06.2016 teilweise neuzufassen: Das „heutige Monstrum“ der Erbschaftsteuer trat dann mit Verkündung am 09.11.2016 in Kraft, allerdings mit der Besonderheit, dass sie rückwirken sollte auf den 30.06.2016.

Warum die Rückwirkung? Weil der Gesetzgeber es nicht geschafft hatte, die vom Bundesverfassungsgericht gesetzte Frist, seinen Reformentwurf bis zum 30.06.2016 zur Erbschaftsteuer vorzulegen, sondern damit bis zum 09.11.2016 brauchte.

Nun stellte sich also die Frage, gab es also kein Erbschaftsteuerrecht während der Zeit vom 01.07.2016 bis zum 09.11.2016? Oder hat der Gesetzgeber damit, dass er am 09.11.2016 die Rückwirkung auf den 01.07.2016 angeordnet hat, das Timelag überwunden?

Wenn es kein Erbschaftsteuerrecht in dieser Zeit gab, wofür ja nun prima vista die Tatsache spricht, dass der Gesetzgeber die ihm vom Bundesverfassungsgericht gesetzte Frist zur Reform des Erbschaftsteuerrechts nicht nutzte, hatten wir kein gültiges Erbschaftsteuerrecht in der Zeit bis zur Verkündung des neuen Rechts am 09.11.2016.

Welche Bedeutung hat dann also die vom Gesetzgeber angeordnete „Rückwirkung“ der eigentlich die gesetzte Frist verletzenden Reform?

Das Finanzgericht Köln, das genau dieser Frage konfrontiert wurde, entschied zum Az.: 7 K 3022/17, dass die angeordnete Rückwirkung „unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Gesetzgebungsverfahrens“ zulässig gewesen sei. Also danach hatten wir ein Erbschaftsteuerrecht auch in der Zeit vom 01.07.2016 bis zur Verkündung des neuen Rechts.

Ich stelle mir nur die Frage, was hätten denn die Richter geantwortet, welches Recht gelte, wenn sie am 31.10.2016 gefragt worden wären, welches Recht denn heute gelte? Dann hätten sie doch nicht auf ein noch völlig unbekanntes neues Recht rekurrieren können, von dem wir heute wissen, dass eine Rückwirkung angeordnet wurde. Wenn man die Frage nach dem Inkrafttreten des Gesetzes stellt, gibt es nur ein Datum: Das Datum der Verkündung des Gesetzes am 09.11.2016. Davor gab es seit Verwerfung des alten Rechts von 2009 per 30.06.2016 kein gültiges Erbschaftsteuerrecht.

Der Kläger, der vor dem Finanzgericht Köln also den Prozess verloren hatte, weil die Richter die Rückwirkung auf den 30.06.2016 als wirksames Substitut des gar nicht existierenden Rechts erachtet haben, gab sich damit nicht zufrieden: Er ist jetzt beim Bundesfinanzhof, Az.: II R 1/19 und sucht das Recht in höchster Instanz. Ich bin der Meinung, mit der nicht vom Bundesverfassungsgericht zugelassenen Rückwirkung eines verspätet eingereichten und zustande gekommenen Gesetzes bestand in der Zeit vom 01.07.2016 bis zum 09.11.2016 kein gültiges Erbschaftsteuerrecht, das deshalb auch nicht durch gewillkürte Anwendung des ab da gültigen Rechtes ersetzt werden darf!

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