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König Midas heute – Steuern sparen um jeden Preis

Es gab einmal den sagenumwobenen König Midas, über dessen Gier und über dessen dadurch eingeschränktes Denkvermögen einige Geschichten kursieren. Eine lautet, dass ihm Gott Dionysos aufgrund einer Finte einen Wunsch erfüllen musste. Midas wünschte sich, dass alles, was er berührt, zu Gold wird. Das hatte allerdings zur Folge, dass auch Essen und Trinken zu Gold wurden und er zu verdursten drohte. Er bat deshalb Dionysos, die Gabe zurückzunehmen, was ihm auch gewährt wurde.

Die Bundesdeutsche Rechtsordnung ist demgegenüber in vielen Punkten nicht ganz so großzügig und hält Entscheidungsträger an ihren Entscheidungen fest.

Im Herbst 2017 hatte das Hessische Finanzgericht (AZ.: 4 K 127/15) in dem vorgelegten Fall entschieden, dass die Nutzung von Verlusten durch eine rückwirkende Verschmelzung einer gewinnbringenden Gesellschaft mit einer Verlustgesellschaft keinen steuerlichen Gestaltungsmissbrauch im Sinne § 42 AO darstellt.

 

Dies weckt natürlich Begehrlichkeiten bei Gesellschaftern, die maßgeblich an mehreren Gesellschaften beherrschend beteiligt sind. Meistens handelt es sich um Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH oder UG), da die betreffenden Gesellschafter ihr persönliches Vermögen durch die Nutzung einer juristischen Person schützen wollen.

Der vermeintliche steuerliche Vorteil kann sich bei einem an mehreren Gesellschaften beteiligten beherrschenden Gesellschafter insolvenzrechtlich allerdings schnell zum schmerzhaften Bumerang entwickeln, ähnlich wie bei Midas.

Eine verlustbringende Gesellschaft mit umfassend begrenzter Haftung (zum Beispiel GmbH, AG, UG) ist oft nicht weit von einer Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit entfernt oder schon in einem dieser beiden Zustände, was sich leider oft erst später bei einer Neubewertung der Bilanzpositionen herausstellt.

Mit Urteil vom 06.11.2018 hat der Bundesgerichtshof unter dem dortigen AZ.: II ZR 199/17 nunmehr entschieden, dass die Verschmelzung einer Verlust-GmbH mit einer noch soliden GmbH zu einer Durchgriffshaftung (wegen existenzvernichtendem Eingriff) auf das Vermögen des beherrschenden Gesellschafters führen kann, wenn die bis dahin nicht vom Insolvenzrisiko betroffene „gute“ Gesellschaft durch Verschmelzung mit der Verlustgesellschaft anschließend in Schieflage und Insolvenz gerät und im Nachhinein festgestellt wird, dass die Verlust-GmbH schon faktisch insolvenzreif zum Zeitpunkt der Verschmelzung war.

Beherrschende Gesellschafter von mehreren Gesellschaften sollten also bei der Planung zur Nutzung von Verlusten einer anderen Gesellschaft durch Verschmelzung ausreichend dokumentieren (lassen), dass die verlustbringende Gesellschaft zum Zeitpunkt noch nicht insolvenzreif war.

Hier kann es angeraten sein, für die vorzunehmenden Bewertungen auf Personen zurückzugreifen, die vorher nicht mit der Bilanzierung befasst waren, um Schwächen in der bisherigen Bewertung konsequent aufzudecken.

Eine vorschnelle Verschmelzung zur Nutzung von Verlusten einer Gesellschaft kann sich ansonsten insolvenzrechtlich nachher rächen und zum Verlust des Privatvermögens beim Gesellschafter führen.

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