Direkt zum Inhalt wechseln

Da brat mir doch einer einen Sauerbraten

Gerade zur festlichen Zeit glühen die Öfen in der Weihnachtsbäckerei und auch in den guten Stuben der Menschen zu Hause wird gekocht, gedünstet und gebraten „was das Zeug hält“.

Von diesem geschäftigen Treiben wird freilich auch die Gerichtsbarkeit mitgerissen und wieder einmal durfte sich ein Amtsgericht, diesmal das Amtsgericht Auerbach, mit einem köstlichen Fall befassen.

Das Amtsgericht Auerbach, gelegen im Freistaat Sachsen, konnte, musste oder durfte (je nach Ansicht) einen Streit entscheiden, bei dem es um die Güte und Qualität eines örtlichen „Sauerbratens“ ging. Der Beklagte hatte die Speisegaststätte der Klägerin besucht und dort einen Sauerbraten mit Rotkraut und Klößen bestellt. Über die Güte der Speise entflammte Streit, da der Beklagte sich nicht im Stande sah, den Sauerbraten und das Rotkraut zu verspeisen (die gereichten Klöße blieben unbeanstandet). Nachdem man sich vor Ort nicht über Qualität, Preis und Geschmack einigen konnte, wurde der Rechtsstreit von der klagenden Gastwirtin dem Amtsgericht Auerbach serviert, garniert mit dem waghalsigen Streitwert von 7,06 EUR.

 

Der Beklagte trug zu seiner Verteidigung vor, die Soße des Sauerbratens sei vom Geschmack her tatsächlich eine Schweinebratensoße gewesen, die im Gegensatz zu einer Sauerbratensoße einen mehligen und eher faden Geschmack gehabt habe. Das servierte Rotkraut sei zerkocht und blass gewesen. Die Klägerin war (freilich) der Ansicht, den Sauerbraten und die Beilagen, insbesondere das gereichte Rotkraut, sach- und fachgerecht zubereitet und dargereicht zu haben.

Die Klägerin legte dem Gericht dar, was auch so minutiös im Urteil (Az.: 3 C 883/01) ersichtlich ist, wie die Zubereitung erfolgte:

Zunächst sei das Fleisch für vier Tage in einem Sud aus Essig, gewürzt mit Piment, Salz, Pfefferkörnern, Möhren unter anderem, eingelegt gewesen. Dann sei das Fleisch in heißer Margarine angebraten worden, wobei Lorbeer, Wachholder, Möhre, Zwiebel, Pfeffer und Salz hinzugefügt worden seien. Während und nach dem Anbraten sei der Braten mit der Marinade übergossen worden. Nach dem Anbraten und Schmoren sei die Soße unter Verwendung von eingeweichtem Soßenkuchen hergestellt und mit Essig und Zucker abgeschmeckt sowie mit Stärke und Mehl abgebunden worden. Fleisch und Soße seien anschließend getrennt gekühlt gelagert gewesen und am Serviertag getrennt erwärmt worden.

Der angelieferte Rotkohl sei in Streifen zerschnitten und unter Beifügung einer Speckschwarte, einer mit Gewürznelke gespickten Zwiebel, Piment, Lorbeer, Pfefferkörnern, Wachholder, Essig, Zucker und zerlassenem Speck unter Wasserbeigabe 45 Minuten gekocht worden. Später sei das Rotkraut kühl gelagert und am Vormittag des Serviertages in einem Wasserbehälter erhitzt worden.

Da die gereichten Knödel nicht beanstandet wurden, muss der geneigte Leser, der diesen Sauerbraten für das Weihnachtsfest nachkochen möchte, leider ein eigenes Rezept zur Hand nehmen oder kreativ werden.

Das Amtsgericht Auerbach hat sodann sage und schreibe sechs Zeugen und einen Sachverständigen (!) vernommen, um den Fall aufzuklären. Vielleicht mag das Gericht den köstlichen Plan verfolgt haben, hier eine geheime Rezeptur aufzudecken.

Nachdem das Gericht zunächst (und mit Fug und Recht) die Wirtschaftlichkeit des Rechtsstreits in Frage gestellt, sodann jedoch auf das leidige Verbot des Faustrechts und die Notwendigkeit auch noch so geringer Klagen verwiesen hatte, führte es aus, die Zahlungsklage der Gaststättenbetreiberin könne nicht durchgreifen, da diese nicht bewiesen habe, dass der Sauerbraten am betreffenden Tag tatsächlich die erforderliche Art und Güte aufgewiesen habe. Zwar habe der Sachverständige dargelegt, die grundsätzliche Zubereitung der Speisen, wie von der Klägerin angegeben, entspreche der Üblichkeit und sei als solche nicht zu beanstanden. Die übrigen Zeugen konnten jedoch nicht zweifelsfrei bestätigen, dass der dargereichte Sauerbraten tatsächlich sämtliche Anforderungen an eine solche Speise erfüllte. Letztendlich habe zwar die Zeugenvernehmung einerseits gezeigt, dass die Soße hinsichtlich Farbe, Konsistenz und Schmackhaftigkeit innerhalb eines hinzunehmenden Spektrums gelegen haben soll, andererseits konnte aber eben nicht bewiesen werden, dass das Kraut mangelfrei und damit nicht zerkocht und zu weich gewesen sei.

Weil der Sauerbraten samt der krautigen Beilagen „eine Mahlzeit“ darstelle, sei jedoch der Beklagte insgesamt nicht zur Bezahlung der Mahlzeit verpflichtet gewesen, so das Amtsgericht Auerbach.

 

Die Kanzlei Fromm rät Ihnen zweierlei:

  1. Laden Sie am besten – in weihnachtlicher Manier – möglichst viele Ihrer Freunde zum Essen ein, die wechselseitig die bestellten Gerichte probieren. So haben Sie gute Chancen, in einem späteren Streit über Art und Güte der Mahlzeit recht schnell obsiegen zu können, wenn zumindest die Mehrheit einer Meinung ist.
  2. Oder kochen Sie selbst – ein Rezept für Sauberbraten finden Sie im Urteil! Eventuelle Kritik am sodann dargereichten Essen wird schlichtweg nicht akzeptiert oder mit festlichem Wein zum Erstummen gebracht!
Mit unserem Newsletter bleiben Sie juristisch auf dem neusten Stand.