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Märchen ohne Happy-End: Rollenspiele

Wie Ihnen bereits aus den vergangenen Beiträgen im Rahmen der §§-Schmankerl bekannt sein dürfte, haben sich die deutschen Gerichte zuweilen mit recht außergewöhnlichen Sachverhalten zu beschäftigen. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt, was nicht nur für die Gerichte, sondern auch für die Kläger und Beklagten gilt.

Die Parteien in einem vom LG Osnabrück am 28.01.2016 (Aktenzeichen 4 O 1324/15) entschiedenen Fall hatten sich im Jahre 2013 zusammen mit einer Vielzahl von Gleichgesinnten auf einem Ferienhof getroffen, um so genannte „Live-Rollenspiele“ durchzuführen.

Bei diesen Rollenspielen verkleiden sich die Teilnehmer als Ritter, Zauberer, Monster oder jegliche andere Arten von „mittelalterlichen“ Gestalten. Sodann folgen sie regelmäßig einer von dem Veranstalter ausgedachten Handlungslinie und kämpfen gegen Monster oder befreien hilfsbedürftige Jungfern. Dies geht freilich – wie im Mittelalter üblich – nicht ohne Hiebe und Stiche vonstatten. Die Teilnehmer sind zum größten Teil mit „Replika-Waffen“ aus Schaumstoff bewaffnet, die sie sich gegenseitig „über den Schädel“ ziehen.

So auch in diesem Fall:

Ein Held hatte dem Anderen im Gefecht mit einer Schaumstoffkeule dabei jedoch so schwer am Auge verletzt, dass ein Dauerschaden eingetreten war und die Sehfähigkeit des Klägers beeinträchtigt wurde. Der Kläger wollte nunmehr hierfür Schadensersatz erhalten. Diesen hat das Landgericht Osnabrück dem Kläger versagt, ganz nach dem Grundsatz, wer sich in einen heldenhaften Kampf begibt, der muss damit rechnen, heldenhafte Wunden davonzutragen. Der Kläger habe nach den Regeln der Veranstalter an dem Ereignis teilgenommen und ihm sei bekannt gewesen, dass es zu Kämpfen und hier auch hin und wieder zu Kopftreffern kommen könnte. Auch konnte der Kläger nicht beweisen, dass ihn der Beklagte mit Absicht am Kopf getroffen habe.

Das Gericht hat hierbei einen rechtlichen Grundsatz herangezogen, der nicht nur in phantastischen Rollenspielen, sondern beispielsweise auch im Sport bei anderen Freizeitveranstaltungen gilt: Wer an einer gefahrgeneigten Veranstaltung teilnimmt, der stimmt den dort geltenden Regeln zu und kann von anderen keinen Ersatz verlangen, wenn sich die angelegte Gefahr bei regelgetreuem Verhalten realisiert.

Unser TIPP:

Beim Befreien von Prinzessinnen stets einen Helm und die Schutzbrille aufsetzen! – Oder: sich heldenhaft seinem Schicksal ergeben.

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