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Arbeitsrecht: Spätehenklausel bei betrieblicher Altersversorgung teilweise unwirksam

In vielen Arbeitsverhältnissen wird den Mitarbeitern seitens des Arbeitgebers eine betriebliche Altersversorgung sowohl für sich selbst als auch im Falle ihres Todes für ihre Hinterbliebenen zugesagt. Damit dieses finanzielle Risiko für den Arbeitgeber kalkulierbar bleibt, enthalten viele Versorgungszusagen im Hinblick auf die Hinterbliebenenversorgung eine so genannte Spätehenklausel. Eine solche Spätehenklausel schränkt die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung ein, indem sie Ehepartner unter den in der Klausel genannten Umständen vom Kreis der anspruchsberechtigten Dritten ausnimmt.

Das BAG hat mit Urteil vom 04.08.2015, – 3 AZR 137/13 – abgedruckt in NZA 2015, 1447 eine Spätehenklausel in einer Versorgungsordnung als unwirksam angesehen, weil dort der verstorbene Ehemann durch die Klausel unmittelbar wegen seines Alters bei Eheschließung benachteiligt worden sei. Diese Klausel verstoße gegen § 7 Abs. 2 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG).

Mehr: In dem vom BAG entschiedenen Fall war in der Versorgungsordnung der Beklagten geregelt, dass der Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung voraussetze, dass die Ehe vor Vollendung des 60. Lebensjahres des versorgungsberechtigten Arbeitnehmers geschlossen worden sei. Hiergegen hatte die Witwe eines mit 63 Jahren verstorbenen ehemaligen Arbeitnehmers der Beklagten geklagt, der im Zeitpunkt der Eheschließung 61 Jahre alt war. Diese Klausel verstoße gegen § 7 Abs. 2 AGG, da sie eine Benachteiligung wegen des Alters darstelle. Diese Benachteiligung sei auch nicht gemäß § 10 AGG gerechtfertigt, wobei diese Vorschrift in gewissen Grenzen eine unterschiedliche Behandlung bei der Altersversorgung durch Festsetzung von Altersgrenzen zulässt.

Zwar sieht das BAG auch weiterhin das Ziel einer Begrenzung der Leistungsverpflichtungen im Interesse der Kalkulierbarkeit der Risiken und damit der Möglichkeit zur Gewährung einer angemessenen Versorgung gegenüber einem eingegrenzten Personenkreis bei der betrieblichen Altersversorgung und Hinterbliebenenversorgung als legitim an. Eine Klausel wie im vorliegenden Fall, dass die Ehe vor Vollendung des 60. Lebensjahres des versorgungsberechtigten Arbeitnehmers geschlossen worden sein müsse, sei aber nicht angemessen und nicht erforderlich, da insbesondere ein objektiver Anknüpfungspunkt für das gewählte Lebensalter fehle.

Diese Rechtsprechung des BAG führt zur Unwirksamkeit dieser Spätehenklausel, so dass die nach dem Wortlaut dieser Klausel eigentlich ausgeschlossenen Ehepartner den „normalen“ Leistungsanspruch auf Hinterbliebenenversorgung haben.

Obwohl eine solche Klausel in der Vergangenheit gängige Praxis in den Versorgungsordnungen war, soll hier laut BAG kein Vertrauensschutz zugunsten des Arbeitgebers bestehen, und zwar auch dann nicht, wenn die Versorgungsordnung vor Inkrafttreten des AGG aufgestellt wurde.

Somit ist Arbeitgebern ein Compliance Check ihrer bestehenden Versorgungsordnungen zu empfehlen und, sofern diese eine unwirksame Spätehenklausel enthalten, entsprechende Rückstelllungen für dieses zusätzliche Haftungsrisiko zu bilden.

Darüber hinaus ist für die Zukunft an alternative Gestaltungen der Versorgungsordnungen zu denken, in dem z.B. die Hinterbliebenenversorgung mit einer Altersabstandsklausel, einer Mindestehedauerklausel oder einer Spätehenklausel im engeren Sinne versehen wird, die z.B. Ehepartner von Versorgungsleistungen ausschließt, wenn die Ehe nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder nach Eintritt des Versorgungsfalls geschlossen wurde.

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