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Einkommensteuer auf Bierdeckel – heute einmal anders!

Wir alle träumen immer wieder davon, dass das Steuerrecht doch so vereinfacht werden müsste, dass letztlich eine Einkommensteuererklärung auf einen Bierdeckel passt. Dass dies ein Traum bleiben muss, dürfte jedem, der in der Materie einigermaßen erfahren ist, bewusst sein: Die Erfassung der Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen, sei es im Rahmen der Ertragsbesteuerung, sei es im Rahmen der Umsatzbesteuerung oder aber der Erbschaft- und Schenkungsbesteuerung, ist zu komplex und mit hohen politischen Emotionen aufgeladen, als dass man sie auf ein Minimalmaß herunterbrechen könnte. Dass Einkommensteuer auf Bierdeckel allerdings schon heute möglich ist, zeigt eine aktuelle Entscheidung des Finanzgerichts Köln:

Ein Rentner hatte von seinem Vater eine erhebliche (320.000 Stück) Bierdeckelsammlung geerbt, die er – ebenfalls leidenschaftlicher Sammler – sukzessive am Markt u.a. über Ebay verkaufte.

Nach einer Anzeige bei der Steuerfahndung stellte sich heraus, dass der Rentner jährlich bis zu beinahe 70 TEUR Verkaufserlöse erzielen konnte, und diese Erlöse bei der Einkommensteuer bislang nicht erfasst waren. Gegen die Auffassung des Rentners stellte letztlich das Finanzgericht fest, dass die regelmäßig und nachhaltige Tätigkeit des Rentners auf der Verkaufsplattform Ebay – Anmerkung: der Rentner war zudem noch auf anderen Vertriebswegen mit seinen Bierdeckeln unterwegs – die Qualität eines umsatzsteuerlichen Unternehmers begründe und zugleich auch die Grundlage für die ertragsteuerlichen Einkünfte aus Gewerbebetrieb belege. Das Argument, der Rentner habe ja nur seine geerbten Privatvermögensgegenstände veräußert, akzeptierte das Finanzgericht nicht, da dies zwar dem Grund nach für die Annahme einer lediglich privaten Vermögensverwaltung spreche, und damit eine Substanznutzung außerhalb des steuerlichen Kontextes begründen könne, hier allerdings ob der konkreten Sachlage nicht überzeuge: Der Rentner habe sich wie ein Händler am Markt verhalten, selbst wenn er die Bierdeckel nicht einkaufen musste, sondern aus seinem privaten Vermögensbereich einsetzen konnte.

Nach Auffassung des Finanzgerichts ist derjenige umsatzsteuerlicher Unternehmer und letztlich auch einkommensteuerlicher Gewerbetreibender, der die Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers, oder Dienstleistenden durch aktiven Vertrieb der Gegenstände anbiete und sich damit wie ein Erzeuger, Händler oder Dienstleistender am Markt bewege. Insbesondere würdigte das Gericht hierbei die Dauer und die Intensität des Tätigwerdens, die Höhe der Entgelte sowie die Beteiligung am Markt und die Zahl der ausgeführten Umsätze.

Die Rechtsprechung des Finanzgerichts ist nicht nur eine nette Anekdote zum Thema „Bierdeckel – mal anders“, sondern zugleich eine Warnung an all die, die die Möglichkeit des Internets zum Aufbau einer kleinen Erwerbstätigkeit nutzen wollen und hierbei das steuerliche Korsett – insbesondere Umsatzsteuer und Ertragsteuer – außer Acht lassen. Eine sorgfältige umsatzsteuerliche Erfassung (gegebenenfalls unter Nutzung der Kleinunternehmerregelung bei Umsätzen bis zu 17.500,00 EUR) sowie eine einkommen- und gewerbesteuerrechtliche Einordnung (gegebenenfalls Gewerbesteuerfreibetrag bis 24.500,00 EUR) sollten durchgeführt werden, um auf dem rechten Weg zu sein. Der Glaube nämlich, dass solche Aktivitäten unentdeckt bleiben, ist in Anbetracht der Transparenz des Internets und des dort vorhandenen ewigen Gedächtnisses wie die Steuererklärung auf dem Bierdeckel nur ein Traum, der allerdings zum Albtraum werden kann.

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