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Herr Ober, einen neuen Zahn bitte!

Das allgemeine Lebensrisiko ,,isst mit“, so könnte man die Essenz verschiedener Urteile beschreiben, zu denen sich aktuell eine Entscheidung des AG München vom 18.02.2015 (Az. 2013 C 26442/14) hinzugesellt.

Der Sachverhalt: Im Fall hatte der Kläger in einer Gaststätte ein Nackensteak bestellt und beim Verzehr auf ein Knochenstück gebissen. Dabei gingen Teile der Brücke seines Gebisses zu Bruch.

Dass Zahnschäden teuer werden können, ist allgemein bekannt. Weil anscheinend eine Versicherung fehlte, nahm der Kläger den Gastwirt auf Schadensersatz in Höhe von 2.805,78 EUR in Anspruch. Der Kläger begründete die Inanspruchnahme damit, dass er nicht damit habe rechnen müssen, dass ein Stück „Halsgrat“ (bayrisch für Schweinenacken) Knochenstücke enthalte.

Das Amtsgericht München versagte dem Kläger den Anspruch: Dieser habe zwar erwarten dürfen, dass sich der Gastwirt im Rahmen des Verarbeitungsprozesses (nicht nur kulinarisch) eingehend mit dem Steak befasst und dabei von dem Naturprodukt ausgehende Gesundheitsrisiken hätte erkennen und beseitigen können. Bei Naturprodukten sind den Sicherheitserwartungen von Verbrauchern jedoch durch die natürliche Beschaffenheit von Lebensmitteln Grenzen gesetzt. Dem Gastwirt war es hier nicht möglich und erst Recht nicht zumutbar, jeden Teil der von ihm bearbeiteten Produkte bis ins kleinste Detail zu untersuchen.

Nach Ansicht der Gerichte muss ein Verbraucher wissen, dass es sich bei Fleisch um ein Produkt handelt, welches vom Tier stammt und das somit in der ursprünglichen Form Knochen vorhanden sind. Gleiches hatte bereits der Bundesgerichtshof schon im ,,Kirschtaler“-Fall ausgeurteilt (Urteil vom 17. 3. 2009 – VI ZR 176/08). Dort führte ein beherzter Biss aufgrund eines verbliebenen Kirschkerns zum Verlust eines Eckzahnes. Der BGH: „Der Verbraucher kann jedoch eine völlige Gefahrlosigkeit nicht erwarten. Bei einem als „Kirschtaler” angebotenen Gebäckstück kann er nicht erwarten, dass dieses zwar Kirschen, aber keinerlei Kirschkerne enthält.“

Ausgeurteilt ist damit der Grundsatz: Mit Knochen und Kernen muss gerechnet werden!

Ob dies auch gilt, wenn bei einem Glas mit ausdrücklich ,,entsteinten“ Kirschen ein Kern verbleibt, ist bislang nicht geklärt und bedürfte eines mutigen Klägers, der diesen Kern „zum Cadi trägt“.

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