Mit Verwunderung haben selbst wir Berater zur Kenntnis genommen, dass seit dem 1. August 2022 das Handelsregister ab sofort für jedermann kostenfrei zugänglich ist. Die bisher bestehende Zugangsmöglichkeit nur mit Anwalt oder Notar wurde beseitigt; stattdessen kann ab sofort jeder (nicht mehr kostenpflichtig) Einsicht nehmen und die ihn interessierenden Eintragungen abrufen! Das „neue“ gemeinsame Registerportal der Länder lässt zu, dass sich jedermann Auszüge aus dem Handelsregister fertigt und speichert. Aber nicht nur die im Handelsregister stehenden Einträge sind dort zu sehen, sondern auch notarielle Eintragungen mit Dokumenten zur Registernummer sind dadurch frei zugänglich geworden! Also man kann jetzt dort auch Gesellschaftsverträge, Liste der Gesellschafter, damit zusammenhängende Urkunden aller Art, Abberufungen und Änderungsmitteilungen einsehen, die normalerweise dem nicht autorisierten Besucher des Handelsregisters nicht zugänglich waren! In dem neuen Online-Handelsregister ist diese Sperre gefallen, offensichtlich, ohne dass dies dem Gesetzgeber überhaupt richtig bewusst wurde.
Man kann also nicht nur die das Unternehmen betreffenden Daten erfahren, sondern erfährt zugleich persönliche Daten der Gesellschafter, weitere Unternehmensverbindungen, die mit dem Eintrag (außer einer wirtschaftlichen Beziehung) nichts zu tun haben, man erfährt die private Wohnung der Gesellschafter, die Geburtsdaten von Inhabern, Geschäftsführern und Aufsichtsräten, erhält Angaben zu Beteiligungen und eingescannte Unterschriften, die also – gerade wenn es um Kriminelle geht – ein hochwillkommenes „Geschenk“ an diese sein können.
Das neue Online-Handelsregister ist frei abrufbar.
Es gibt viele besorgte und erboste Firmenlenker, die das beanstandet haben, aber die Regierung, namentlich das Bundesjustizministerium, sieht dies nicht als „Katastrophe“, sondern zog die Schultern und verweist auf die EU. Das ist natürlich keine geeignete Abhilfe, um eine derart gravierende Verletzung der Persönlichkeitsrechte von Unternehmen, Unternehmern und allen damit in Zusammenhang stehenden Personen zu gewährleisten! Der Staat gibt sich alle Mühe, Datenschutz zu betreiben, und verletzt an oberster Stelle mit immenser Leichtigkeit geheimhaltungswürdige und auch bislang geheim gehaltene Hintergrundinformationen über Unternehmen und ihre Inhaber! Hier könnten Kriminelle ohne weiteres erfahren, wo ein Unternehmer, von dem man sich viel Bargeld verspricht, wohnt, wie seine Familienverhältnisse sind; er könnte ihn ausspähen, seine Familie observieren und irgendwann „zuschlagen“, um die aus dem Online-Handelsregister erfahrenen Daten zu dessen Lasten zu verwenden und zu Verbrechen zu nutzen.
Das muss beanstandet werden.
Wir haben also von uns aus an das Bundesjustizministerium geschrieben, und eine baldige, möglichst sofortige Änderung oder Stilllegung des Online-Handelsregisters in dieser Form gefordert. Es kann nicht sein, dass der Staat seine Unternehmer und deren Familien in Ignoranz und Nichterkennen einer Gefährdung verrät!
Gerne können Sie den hier hinterlegten Text für ein eigenes Schreiben verwenden.