Direkt zum Inhalt wechseln

Neue Erbschaftsteuer: Wohnungsunternehmer aufgepasst!

Das Bundeskabinett hat am 08.07.2015 den Gesetzesentwurf zur Anpassung des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesfassungsgerichts beschlossen. Bekanntlich hatte das Bundesverfassungsgericht Ende 2014 gerade die Verschonungsregelungen für betriebliches Vermögen in ihrer derzeitigen Ausgestaltung für verfassungswidrig erachtet. Mit dem Gesetzesentwurf werden die als verfassungswidrig kritisierten Punkte nun aufgegriffen und korrigiert. „Durch die Hintertür“ scheint der Gesetzgeber aber auch Verschärfungen – trotz seines Versprechens „nur minimalinvasiv“ zu korrigieren – herbeiführen zu wollen, die vom höchsten deutschen Gericht gar nicht thematisiert und verlangt worden waren. So könnte für Eigentümer einer Vielzahl von vermieteten Wohnungen (laut Finanzverwaltung: mindestens 300 Wohnungen; diese Annahme ist allerdings fraglich) eine bemerkenswerte Liquiditätsfalle geschaffen werden, die nach jetziger Gesetzeslage jedenfalls durch Gestaltung vermieden werden kann.

Fasst nämlich ein solcher Wohnungseigentümer (= Wohnungsunternehmer!) mit nennenswertem Bestand an Dritte vermieteter Wohnungen dieses Immobilienvermögen in einem so genannten Wohnungsunternehmen zusammen, welches als Hauptzweck die Vermietung zu Wohnzwecken hat und dessen Erfüllung einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erfordert, so greifen nach derzeitiger Rechtslage die erheblichen betrieblichen Verschonungsregeln des Erbschaftsteuerrechts. Sowohl im Erbfall als auch im Fall einer Schenkung (z. B. im Wege vorweggenommener Erbfolge) kann hierbei auf einen 85 %-igen, unter Umständen sogar auf einen 100 %-igen Verschonungsabschlag zurückgegriffen werden, der den Übergang dieses oftmals sehr werthaltigen, aber eben nicht liquiden Vermögens erbschaftsteuerlich erträglich macht.

Nach dem Gesetzentwurf vom 08.07.2015 steht allerdings zu befürchten, dass diese Verschonungen für Wohnungsunternehmen entfallen. Das hätte schon im Regelfall etwa eine Verzehnfachung der erbschaft- bzw. schenkungsteuerlichen Belastung bei Übertragung solcher Wohnungsgroßvermögen zur Folge, wie nachfolgendes Rechenbeispiel bei Übertragung von Vater/Mutter auf Kind zeigt:

Alternative 1 – Übertragung eines Wohnungsunternehmens im Sinne des § 13 b Abs. 2 Ziffer 1 d ErbStG (unterstellt: ausgestattet mit 300 Wohnmieteinheiten)

 

Ausgangswert 30.000.000,00 EUR
abzgl. 85 % Verschonungsabschlag -25.500.000,00 EUR
verbleibt 4.500.000,00 EUR
abzgl. pers. Freibetrag -400.000,00 EUR
verbleibt 4.100.000,00 EUR
x 19 %
ergibt ErbSt 779.000,00 EUR

 

Alternative 2 – Wegfall der Verschonung für Wohnungsunternehmen nach Gesetzesentwurf (es verbleibt nur der normale „Wohnungsabschlag“):

Ausgangswert 30.000.000,00 EUR
abzgl. Verschonungsabschlag nach § 13 c ErbStG (10%) -3.000.000,00 EUR
verbleibt 27.500.000,00 EUR
abzgl. pers. Freibetrag -400.000,00 EUR
verbleibt 26.600.000,00 EUR
x 19 %
ergibt ErbSt 7.980.000,00 EUR

 

Immobilienbesitzern, die sich im Laufe ihres Lebens einen großen Immobilienbestand an Wohnungen aufgebaut haben, ist daher dringend zu raten, die Möglichkeiten einer derzeit noch geltenden erheblichen Steuerverschonung zu prüfen. Spätestens am 30.06.2016 dürften diese Privilegien entfallen sein, wenn nicht der Gesetzgeber sogar schon vorher den Gesetzesentwurf verabschieden sollte.

Mit unserem Newsletter bleiben Sie juristisch auf dem neusten Stand.