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Gewinnversteuerung bei Verwertung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens

Es ist bekannt, dass mit Übernahme der Verfügungsgewalt im Unternehmen durch den Insolvenzverwalter regelmäßig die Gestaltungsmöglichkeiten des Gesellschafters erheblich eingeschränkt werden, weswegen es wichtig ist, bereits in der Krise die nötigen Weichen zu stellen, um bestmöglich die Krise zu überwinden oder aber für den Fall der Insolvenz vorbereitet zu sein.

Aber auch im Rahmen der Insolvenz ist es nicht so, als dass der Gesellschafter sich „zurücklehnen“ könnte, und das Verfahren nur aus der Beobachterstellung begleiten müsste: Auch hier hat er im Interesse eines bestmöglichen Vermögenserhaltes aktiv das Verfahren zu begleiten und gegebenenfalls, soweit möglich, Einfluss zu nehmen.

Gerade gegenüber der Finanzverwaltung wird sich auch regelmäßig eine kongruente Interessenlage zwischen Insolvenzverwalter und Unternehmer ergeben, nämlich dass nur die unvermeidbaren Steuern an das Finanzamt abgeführt werden müssen, während die Liquidität im Übrigen so zu schonen ist, dass gegebenenfalls sogar eine Sanierung erfolgreich durchgeführt werden kann. In diesem Kontext ist eine Rechtsprechung des BFH von erheblicher Bedeutung, die sich mit der Frage beschäftigt hat, ob die Gewinnentstehung bei Veräußerung von Wirtschaftsgütern zu einer Masseverbindlichkeit führt, oder aber das Finanzamt sich in die Reihe der Insolvenzgläubiger mit der Aussicht auf Quotenbefriedigung einreihen muss.

Der Sachverhalt lag vereinfacht so, dass in der Insolvenzmasse auch ein Grundstück gehalten wurde, das ausschöpfend einer Bank zur Sicherheit diente. Der Insolvenzverwalter hatte daher zum Zwecke der Befriedigung der Bank zu verwerten (sogenanntes Absonderungsrecht des Sicherungsnehmers). Er veräußerte also das Grundstück aus dem Unternehmen, was zu einer Aufdeckung der stillen Reserven im Grundstück führte. Die Steuerlast betrug 20 TEUR, wobei dem Unternehmen nur die Vergütungsprovision für die Verwertung des Grundstücks zustand, nicht aber der gesamte Veräußerungserlös (dieser war ja sicherungshalber abgetreten an die Bank). Der Masse floss also nur ein Betrag in Höhe von etwa 5 TEUR zu, so dass die Masse letztlich um etwa 15 TEUR geschmälert werden sollte. Die maßgebliche Frage war also, ob die durch die Aufdeckung stiller Reserven entstehende Einkommensteuer Masseverbindlichkeiten begründet, und wenn ja, ob die Steuer auf den Erlöszufluss beschränkt ist:

Das Interesse des Insolvenzverwalters und des Unternehmers lag freilich darin, bereits die erste Frage zu verneinen und dem Finanzamt lediglich einen Anspruch als Insolvenzgläubiger zuzugestehen, um die Masse zu schonen und somit die Sanierungschancen zu vergrößern.

Im Ergebnis gab der BFH allerdings der Finanzverwaltung Recht, da sie in konsequenter Anwendung ihrer Rechtsprechung darauf abstellte, wann die Steuerschuld entstanden war. Dies ist aufgrund des Realisationsprinzips erst in dem Zeitpunkt, in dem tatsächlich die stillen Reserven gehoben werden. Bis zu diesem Zeitpunkt sind sie ohne Bedeutung, eben „still“. Folglich ist der Veräußerungsgewinn, der auf stille Reserven zurückzuführen ist, nur und ausschließlich in dem Zeitraum zu berücksichtigen, in dem die Veräußerung stattfindet.

Der gegenteiligen Auffassung, die vertreten werden könnte, dass nämlich stille Reserven pro rata über den Lauf der Zeit angesammelt werden, also auch durchaus vor Insolvenzeröffnung „angelegt werden“, was argumentativ zu der Vorstellung führen könnte, dass sie als Insolvenzforderung nur zur Tabelle angemeldet werden können, folgte der BFH nicht.

Auch eine Begrenzung der Steuerverbindlichkeit auf den der Masse letztlich zufließenden Verwertungserlös, wollte der BFH – entgegen älterer Rechtsprechung – nicht mehr erkennen, so dass die Steuer tatsächlich zu einer Verkürzung der Masse führt.

Es ist also auch im Rahmen der Insolvenz stets ein Blick auf die steuerrechtlichen Belange zu werfen und das, was unternehmerischer Alltag ist, nämlich eine optimierte Steuerplanung, auch in Zeiten der Insolvenz beizubehalten. Andernfalls besteht die Gefahr, dass die Sanierungschancen, die im Rahmen eines Insolvenzverfahrens primär zu suchen sind, vereitelt werden. Diese Erkenntnis kann daher möglicherweise geeignet sein, einen Gläubiger zum Zwecke der Erreichung eines Sanierungserfolges von der Verwertung etwaiger Sicherungsrechte abzuhalten.

 

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