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Nießbrauchsrecht an GbR-Gesellschaftsanteilen

Gerade in der Unternehmensnachfolge ist die Einbindung sogenannter Nießbrauchsrechte eines der vielen Werkzeuge, das häufig zu guten Lösungen führt. Durch das Nießbrauchsrecht wird die Substanz des Vermögens vom Ertrag des Vermögens abgekoppelt. Der Nießbrauchsberechtigte erhält das Fruchtziehungsrecht aus der Substanz, während der Nießbrauchsverpflichtete zivilrechtlicher (und wirtschaftlicher) Eigentümer der Substanz ist.

Vorbehalts- und Zuwendungsnießbrauch

Teilweise wird mit einem sogenannten Vorbehaltsnießbrauch gearbeitet, bei dem die Substanz auf die nächste Generation übertragen wird, während die Fruchtziehungsmöglichkeiten zur Altersabsicherung bei der Seniorengeneration verbleiben, was nicht nur aus erbschaftsteuerlicher Sicht sinnvoll sein kann, sondern auch ertragsteuerlich die Weiternutzung der Abschreibung eröffnet. Teilweise wird aber auch die Substanz zurückbehalten und lediglich aus ertragsteuerlicher Sicht die Fruchtziehung an die nächste Generation übertragen, um unter anderem von einem sogenannten Tarifsplitting profitieren zu können (die nächste Generation hat eigene Einkünfte, die sie aufgrund der niedrigeren Progression günstiger versteuern kann, als die Seniorengeneration), wobei Vorsicht geboten ist, da Abschreibungspotential verloren gehen kann.

Nießbrauch an Gesellschaftsanteilen

Grundsätzlich ist es möglich, auch an Gesellschaftsbeteiligungen Nießbrauchsrechte einzuräumen. Allerdings ist hierbei steuerlich noch vieles ungeklärt. Ganz aktuell stellte sich für den BFH in seinem Urteil vom 15. November 2022 die Frage, ob bei der Einräumung eines Nießbrauchsrechtes (hier ging es um einen sogenannten Quotennießbrauch, also nur der anteiligen Möglichkeit der Fruchtziehung aus dem Gesellschaftsanteil) die Übertragung der Ertragsquelle auf den Nießbrauchsberechtigten ertragsteuerlich anzuerkennen ist, und damit die Einkünfte insoweit (soweit der Quotennießbrauch reicht) dem Nießbrauchsberechtigten zuzurechnen sind. Vereinfacht dargestellt hatte der Vater an einer Gesellschaftsbeteiligung (vermögensverwaltende GbR) dem Sohn ein Quotennießbrauch i.H.v. 50 % der Erträge eingeräumt mit dem Ziel, dass der Sohn fortan eigene Einkünfte erzielen sollte, um von dem oben erwähnten Tarifsplitting profitieren zu können.

Zur Überraschung aller kam der BFH zum Ergebnis, dass der zwar zivilrechtlich wirksame Quotennießbrauch ertragsteuerlich nicht anzuerkennen sei, und folglich nicht 50 % der Erträgnisse aus der Gesellschaftsbeteiligung beim Junior versteuert werden konnten. Aus seiner Sicht sei für die Anerkennung eines solchen Nießbrauchsrechtes an einem Gesellschaftsanteil in den Fällen einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft erforderlich, dass

–        der Nießbrauchsberechtigte im Außenverhältnis wie der Gesellschafter agieren könne (und damit seine Position der eines Gesellschafters entspreche), oder aber, sollte der Gesellschafter im Außenverhältnis ohnehin keine Befugnisse haben, weil er nicht geschäftsführungs- und vertretungsbefugt ist,

–        zumindest im Innenrecht der Gesellschafter mindestens durch umfassende Veto-Rechte den Gesellschafter davon abhalten können müsse, sich mit seinen Beschlüssen in der Gesellschafterversammlung gegen den Willen des Nießbrauchsberechtigten durchzusetzen.

Unsicherheit bleibt

Die Entscheidung des BFH ist leider nicht so klar, wie man sich dies als Berater wünschen würde. In der Literatur wird befürchtet, dass möglicherweise über die vorstehenden Bedingungen hinaus verlangt werden könnte, dass der Nießbrauchsberechtigte nicht nur durch ein Veto-Recht, sondern noch weitergehend den Gesellschafter aus seiner Position rechtlich verdrängen müsse (sogenannte Highlander-These: es kann nur einen geben, der die Gesellschafterrechte wahrnimmt). Dann müsste in den entsprechenden Nießbrauchsverträgen vorzusehen sein, dass der Gesellschafter auch seine für Grundlagengeschäfte maßgeblichen Mitgliedschaftsrechte vollends an den Nießbrauchberechtigten abgibt. Ob dies zivilrechtlich unbedenklich möglich ist und ob dies der Übergeber überhaupt möchte und welchen Unterschied diese Konstellation dann zu einer Übertragung des Gesellschaftsanteils an sich noch lässt, ist weitestgehend ungeklärt. Aber auch, wenn ein Veto-Recht ausreichend sein sollte, wie dies in der Entscheidung angelegt zu sein scheint, so muss dieses Veto-Recht auch alle Grundlagengeschäfte umfassen. Sollte der Gesellschafter auch geschäftsführungs- und vertretungsbefugt sein, so muss er diese Kompetenz an den Nießbrauchsberechtigten abgeben. Diese Forderungen erscheinen alle sehr engmaschig zu sein und wenig Gestaltungsspielraum zu geben. Insofern kann derzeit nur mit Vorsicht die Gestaltung einer Nießbrauchslösung an Gesellschaftsanteilen – gerade bei Personengesellschaften – empfohlen werden. Bei gewerblichen Personengesellschaften, also sog. Mitunternehmerschaften, gelten sogar noch andere Regelungen, sodass das Feld der Nießbrauchsgestaltung bei Gesellschaftsbeteiligungen vielschichtig und nicht einheitlich ist.

Fazit:

Die Nutzung von Nießbrauchsrechten im Rahmen der Unternehmens- und Vermögensnachfolge ist weiterhin von großer Bedeutung. Allerdings gibt es häufig auch alternative Ansätze, die gegebenenfalls auch bessere Lösungen bieten können. Vor allem bei Gesellschaftsbeteiligungen ist besondere Vorsicht geboten, da weiterhin eine klare Abgrenzung zwischen der Zuordnung von Einkünften zwischen dem Gesellschafter und dem Nießbrauchsberechtigten auch trotz der Rechtsprechung des BFH vom 15. November 2022 fehlt. Hier ist das Risiko einer steuerlich missglückten Regelung recht groß. Gerade deswegen sollte nach Alternativansätzen gesucht werden.

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