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In der Not helfende Unternehmer um die Entlohnung geprellt? / Hochwasserkatastrophe in RLP

Der Presse war zu entnehmen, dass maßgebliche Vertreter der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD in Trier) in der Kalenderwoche 30/2021 geäußert hätten, dass die in der Stunde höchster Not im Landkreis Ahrweiler und anderen betroffenen Gegenden mit schwerem Gerät und Mitarbeitern zur Hilfe eilenden Unternehmer aus der Baubranche und anderen Branchen die an ihren Gerätschaften entstandenen Schäden zum Ausgleich einreichen könnten, jedoch eine rückwärtige Beauftragung – also Vergütung für die erbrachten Leistungen – nicht gewährt werden könne. Es sei nicht nachvollziehbar, wer wann was an welcher Stelle gemacht habe.

Die Leistungen wurden aber offenbar gerne entgegengenommen. Der Zahlungswille scheint aber nicht vorhanden.

Der Presse war ebenso zu entnehmen, dass sich die betroffenen Unternehmer – zu Recht – empört dazu geäußert hätten.

Wenn diese Äußerung der ADD tatsächlich so erfolgt sein sollte, dann ist sie unter anderem kritikwürdig, da sie unvollständig und damit fehlerbehaftet ist. Die Vertreter der ADD mögen möglicherweise an die §§ 7 und 87 ff. des rheinland-pfälzischen Gefahrenabwehrrechtes (Polizei- und Ordnungsbehördengesetz) gedacht haben, in dem bei einer zwangsweisen „Rekrutierung“ eines Bürgers vorrangig nur Ersatz für Schäden – das sind unfreiwillige Vermögensopfer – gewährt wird.

Die ADD hätte durchaus darauf hinweisen können und aus meiner Sicht – sofern nicht geschehen – sollen, dass beim Vorliegen der Voraussetzungen auch eine Entlohnung von Unternehmen und Unternehmern rechtlich möglich ist.

Im Verhältnis des Handelns von Unternehmern und sonstigen Dritten zur öffentlichen Hand gelten auch die auf Ausgleich von freiwilligen Vermögensopfern (Aufwendungen) gerichteten Grundsätze der Geschäftsführung ohne Auftrag. Es werden dabei die in §§ 677 ff. BGB niedergelegten Regelungen auch im öffentlichen Recht herangezogen.

Sinngemäß besagen diese:

Wer eine Leistung für eine Behörde besorgt, ohne von dieser beauftragt oder sonst dazu berechtigt zu sein, hat die Leistung so auszuführen, wie das Interesse der Behörde – in dem Fall die Gefahrenabwehr – mit Rücksicht auf deren wirklichen oder mutmaßlichen Willen es erfordert.

In der Stunde der höchsten Not wollte die zuständige Behörde, dass Straßen und Wege möglichst schnell freigeräumt, Wasser abfließen kann und sperrmüllartiger Müll schon aufgrund von Seuchengefahr möglichst schnell mit Bagger und Lkw abtransportiert wird. Das war und ist eine der gesetzlich zugewiesenen Aufgaben zur Beseitigung der Gefahren aus der Katastrohe. Die zuständige Behörde war dazu allerdings nur sehr eingeschränkt in der Lage und auf schnelle Hilfe angewiesen. In der KW 31/2021 hat der Landes-Innenminister laut Presse eingeräumt, dass die Organisation der Katastrophenbewältigung teilweise nicht optimal war – was in Anbetracht der Dimensionen wahrscheinlich auch nicht der Fall sein kann. Es ist aber ein Beleg, dass die Hilfe der Unternehmer nötig war.

Selbst ein der Unternehmerhilfe entgegenstehender Wille der zuständigen Behörde kommt nicht in Betracht, wenn ohne die Leistung des Unternehmers eine Pflicht der Behörde, deren Erfüllung im öffentlichen Interesse liegt nicht rechtzeitig erfüllt werden kann, § 679 BGB.

Das sind gemeinhin die Situationen von Notstand, Nothilfe und sonstigen Gefahrenlagen – leider in katastrophalem Ausmaß gegeben, zumindest in den ersten 10 bis 14 Tagen nach der Flut-Katastrophe.

Die Unbeachtlichkeit des Willens ergibt sich indirekt auch insbesondere aus dem auch in der öffentlich-rechtlichen GoA anzuwendenden § 680 BGB. Bezweckt die erbrachte Leistung die Abwendung einer drohenden dringenden Gefahr, dann hat der entsprechende Ausführende der Leistung nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten. Wer in der Stunde höchster Not hilft, soll entgegen den Grundsätzen des Zivilrechts nicht auch noch für Fehler, die passieren können, haften.

Darüber hinaus stehen dem Helfenden, insbesondere Unternehmern, nach § 683 BGB auch noch ein Ersatz von Aufwendungen zu. Wenn die Aufwendungen zur Abwehr einer Gefahr erforderlich waren, steht der Aufwand auch zu, wenn die Übernahme der Leistungen mit dem Willen der – in diesem Fall – Behörde in Widerspruch steht.

Aufwendungen sind erst einmal in jedem Fall die freiwilligen Vermögensopfer, insbesondere z.B. Dieseltreibstoff.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs greift allerdings bei Unternehmern auch der Grundsatz des § 1835 Abs. 3 BGB. Als Aufwendungen eines Unternehmers gelten auch solche Dienste, die zu seinem Gewerbe oder seinem Beruf gehören. Demnach ist die übliche Vergütung zu zahlen, weil es bei der Geschäftsführung ohne Auftrag an der Vereinbarung der Unentgeltlichkeit fehlt (z.B. BGH in NJW-Rechtsprechungsreport 2005, Seite 639).

Diese Grundsätze gelten auch im öffentlichen Recht. Wer seine Behördenpflichten quantitativ nicht erfüllen kann und um Unternehmerhilfe froh ist, der muss auch zahlen.

Welche Vergütung steht den Unternehmern dann zu? Erst einmal gilt der Grundsatz: „Wer schreibt – der bleibt.“ Es sollten also genaue Aufzeichnungen über die ausgeführten Arbeiten, an welchem Ort die eingesetzten Mitarbeiter und Maschinen geführt oder nachträglich unter Benennung von Zeugen und Beweismitteln (Fotos, Mitarbeiter, freiwillige Helfer, Bordcomputer der Maschine) dokumentiert werden.

Es gilt der Grundsatz des § 316 BGB. Ist der Umfang der Gegenleistung in Geld nicht bestimmt, dann steht die Bestimmung im Zweifel dem Unternehmer zu, der die Gegenleistung in Geld zu fordern hat. Die Forderung ist nur dann nicht verbindlich, wenn sie in entsprechender Anwendung der §§ 315 und 319 BGB offenbar unbillig ist. Unbillig heißt, dass sie rechnerisch/kalkulatorisch von einem fachkundigen Dritten (Gutachter) nicht nachvollzogen werden kann und somit ungerecht wäre.

Bei Baumaschinen bietet es sich daher z. B. an, neben eigenen Kalkulationen auch auf die Baugeräteliste des Gesamtverbandes der deutschen Bauwirtschaft und die Stundenlöhne der eingesetzten Mitarbeiter zurückzugreifen. Beim Dieselverbrauch können zur Plausibilisierung auch aus der Buchhaltung sich ergebende Durchschnittswerte oder Rückgriff auf die Bedienungsanleitung mit eventuellen Angaben zum Dieselverbrauch pro Stunde genommen werden. Ähnliche Listen gibt es im Übrigen auch im Bereich Landwirtschaft für kleine und große Maschinen, insbesondere Traktoren.

Die in einer fachgerechten Rechnung aufbereitete Forderung sollte dann bei der zuständigen Behörde – vorbehaltlich einer vertieften rechtlichen Prüfung der Landkreis Ahrweiler als Verantwortlichem für Katastrophenschutz – mit der Aufforderung zur Zahlung eingereicht werden.

Es ist durchaus denkbar, dass die öffentliche Hand zur Vermeidung des Vorwurfs vorschneller Zahlungen keinerlei freiwillige Leistungen erbringt und diese erst im Falle einer Verurteilung erbringen will. Das wäre nicht fair, aber möglich. Hier können die Unternehmerverbände oder die IHK und HwK möglicherweise ihren Mitgliedern zur schnelleren Zahlung verhelfen, wenn eine Art Schiedskommission vorgeschlagen wird.

Als Fazit ergibt sich, dass eine Entlohnung der helfenden Unternehmer beim Vorliegen der Voraussetzungen durchaus möglich ist. Schon der Aspekt der Anerkennung gebietet einen Hinweis hierauf.

Für Rückfragen stehe ich Ihnen bei Interesse gerne zur Verfügung.

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