Wie soll das Abschmelzmodell für große Unternehmen bei der Erbschaftsteuer funktionieren?
Eine sichere Antwort auf die in der Überschrift aufgeworfene Frage gibt es noch nicht: Obwohl das Bundesverfassungsgericht einen Termin gesetzt hatte, bis zu dem der Gesetzgeber sich verbindlich hat festlegen sollen, wie denn das neue und verfassungskonforme Erbschaftsteuergesetz (ohne die hybriden Überbegünstigungen) aussehen solle, liegt bis jetzt noch nichts Endgültiges auf dem Tisch.
Aber es gibt doch zwei Dinge, die man erwähnen soll.
1.
Bei der Bewertung des Unternehmens geht man nicht mehr von solchen Kapitalisierungszinssätzen aus, die wegen der Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank völlig irreal sind. Haben wir in 2015 noch mit einem Multiplikator (als Kehrwert des Kapitalisierungszinses) von mehr als 18 den Durchschnittsgewinn des Unternehmens kapitalisiert, errechnen wir immerhin in 2016 nur noch mit 17,85 als Multiplikator, was aber ebenfalls an der Realität vorbeigeht. Der Gesetzgeber will sich, soweit er endlich zum Ergebnis kommt, mit einem Kapitalisierungsfaktor von 10-12,5 begnügen (also einem Kapitalisierungszins von 10-8 % inklusive Risikozins). Das dürfte realistisch sein.
2.
Der Gesetzgeber will auch dann bei Belastung großer Unternehmensvermögen immer noch ein Entgegenkommen im Interesse des Mittelstandes zeigen:
Während bislang die Regel- und Optionverschonung von 85 % bzw. 100 % ungeachtet der Größenordnung der Werthaltigkeit des Unternehmens anwendbar war, sollen Unternehmen mit einem Wert von mehr als 26 Mio. EUR jedenfalls nicht mehr voll diese Verschonungssätze in Anspruch nehmen können.
Ab 26 Mio. EUR Wert wird die Verschonungsgröße um 1 % je 750 TEUR Überschreitung des Betrages von 26 Mio. EUR reduziert. Ab 90 Mio. EUR gibt es keinerlei Verschonungsabschlag mehr (Abschmelzmodell).
In einem Beispiel sei dies verdeutlicht:
Das Unternehmen ist 50 Mio. EUR wert.
Es übersteigt also die magische Grenze von 26 Mio. EUR um 24 Mio. EUR
Dividiert man diesen Betrag durch die 750 TEUR, erhält man in Prozent die Zahl, um die sich der Ausgangsregelverschonungssatz von 85 % verringert, das sind im Beispiel 36 %. Der verringerte Regelverschonungssatz beträgt also (85 % -36% =) 53 %.
Auf die 50 Mio. sind also nicht 85 % (wie bisher) also entlastungswirksam zu berechnen, sondern nur 53 %, was dazu führt, dass die Bemessungsgrundlage dieses Unternehmens nicht bei 50 Mio. EUR, sondern „nur“ bei 23,5 Mio. EUR liegen wird (aber, wie früher, bei nur 15 % von 50 Mio. EUR).
Bei aller Verschärfung ist also immer noch eine beachtliche Entlastung des Mittelstandes erreichbar jedenfalls bei Unternehmensgrößen um 50 bis 60 Mio. EUR.
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber die notwendige Liquidität, die er schonen will und nicht als schädliches Verwaltungsvermögen rechnet, in der Größenordnung von 15 % des Unternehmenswertes begünstigt, so dass also ein Unternehmen mit 50 Mio. Wert rund 7,5 Mio. EUR an Liquidität vorhalten darf, ohne dass es eine Mehrbelastung durch Erbschaftsteuer hinnehmen muss. Freilich reicht dieser liquide Betrag gerade aus, die dann anfallende Erbschaftsteuer (23,5 Mio. EUR Bemessungsgrundlage mal 30 % gleich 7,05 Mio. EUR) zu zahlen.
Aber immerhin:
Ein Silberstreifen am Horizont!
Hoffen wir, dass der Gesetzgeber endlich seiner Aufgabe gerecht wird!