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Keine Eltern in der WG– Mitbewohner lässt eine Generation polizeilich entfernen

Was des Einen Freud´, ist des Anderen Leid. Regelmäßig nach dem abgeschlossenen Abitur werden die Nachkömmlinge flügge und wollen in die Welt hinausziehen. Am liebsten in große und – zum Leidwesen der Eltern – recht teure Metropolstädte.

Hat der Nachwuchs sodann die Casting-Show „WG-Bewerbung“ erfolgreich überstanden und sich einen Platz in einer studentischen Wohngemeinschaft gesichert, mag sich das geneigte Elternteil – das mittlerweile in einem viel zu großen Haus in einem Vorort lebt – fragen, ob nicht während einer längeren Abwesenheit des Sprösslings (z.B. während eines Praktikums an wiederum anderem Ort) das Zimmer in der WG ideale Gelegenheit für einen günstigen Städteurlaub wäre, denn: das Zimmer ist ja bereits bezahlt!

Einen solchen Sachverhalt – zugegeben in leicht abgewandelter Form – hatte das OLG Hamm am 24.02.2016 (AZ 11 U 67/15) zu entscheiden. Hier hatte der 26 Jahre alte Sohn der im Jahre 1948 geborenen Klägerin seinen wohlverdienten Semesterurlaub angetreten und die Klägerin, seine Mutter, darum gebeten, während seiner Abwesenheit auf die Wohnung aufzupassen und seine Haustiere, er hielt dort zwei kleine Katzen und ein Meerschweinchen, zu versorgen.

Gesagt getan. Die Klägerin hielt sich während der Abwesenheit des Sohnes in der Wohnung auf, was jedoch einem anderen Mitbewohner in der WG, der seiner Zeit 29 Jahre alt war, nicht so ganz passen wollte. Der Mitbewohner forderte deshalb die Klägerin dazu auf, die Wohnung zu verlassen. Als diese der Aufforderung nicht nachkam, verständigte er die Polizei.

Diese stellte vor Ort fest, dass der Mitbewohner in der Wohngemeinschaft gemeldet war, die Klägerin jedoch nicht. Der von der Polizei ausgesprochenen Aufforderung an die Klägerin, die Wohnung zu verlassen, kam diese nicht nach, sondern alarmierte ihren Ehemann. Dieser – freilich ebenso kein Mitglied der WG – stand nun vor der Tür und verlangte Zutritt zur Wohnung. Die Klägerin, die ihren Ehemann reinlassen wollte, wurde von den Polizeibeamten an den Armen festgehalten und – so die Klägerin – gegen die Wohnungstür gedrückt. Nachdem ein kleiner Tumult entstanden war, verließ die Klägerin „freiwillig“ die Wohnung.

Die Klägerin erhob nunmehr Klage, da sie den Polizeieinsatz für rechtswidrig hielt. Außerdem forderte sie Schmerzensgeld in Höhe von 1.200,00 EUR für schmerzhafte Prellungen und Hämatome am Oberkörper, die sie durch den Polizeieinsatz erlitten hatte.

Das OLG Hamm kam mit oben genannter Entscheidung den Anträgen der Klägerin nicht nach. Der Polizeieinsatz sei nicht rechtswidrig gewesen, da die Polizisten berechtigt gewesen seien gegen die Klägerin einen Platzverweis auszusprechen und diesen sodann mit – so der juristisch-bildliche Ausdruck – „unmittelbarem Zwang“ durchzusetzen.

Von der Klägerin sei eine „Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“ ausgegangen, da sie das Hausrecht des Mittbewohners verletzt habe, indem sie einen dauerhaften Aufenthalt in der Wohnung bezogen habe. Zwar habe der Sohn der Klägerin ihr die Schlüssel überlassen und das Betreten der Wohnung gestatten dürfen, dies aber nur zur Versorgung der Haustiere. Einen dauerhaften Aufenthalt in der WG, insbesondere auch in den gemeinschaftlich zu nutzenden Räumen, habe der Sohn der Klägerin nicht einräumen können.

In seinem Urteil servierte das Gericht nunmehr allen Studenten, die sich durch einen alsbaldigen Aufenthalt von Elternteilen in ihrer „Lebensfindungsphase“ gestört fühlen, eine passende Argumentation, um den nächsten Wochenendbesuch zu verhindern:

Eine studentische Wohngemeinschaft sei auf das Zusammenleben regelmäßig jüngerer Erwachsener in einer vergleichbaren Lebenssituation ausgerichtet. Der dauerhafte Aufenthalt von Angehörigen einer anderen Generation in diesen Räumen sei ihr fremd.

Fazit:

Vorsicht bei unangemeldeten – längeren – Besuchen in der WG der Kinder; die Polizei ist nur einen Anruf (des Mitbewohners) entfernt!

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