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Schadensersatz: Haftung von Auszubildenden

Wenn in einem Betrieb ein Auszubildender einen Schaden verursacht, stellt sich häufig die Frage, inwieweit dieser hierfür einzustehen hat (Schadensersatz).

Mit einem solchen Fall hatte sich das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 19.03.2015 – 8 AZR 67/14 –, abgedruckt in NZA 17/2015, S. 1057 ff. zu befassen.

Diesem Rechtsstreit lag folgender Fall zugrunde: Sowohl der Kläger als auch der Beklagte waren beide als Auszubildende bei einer Firma beschäftigt, die einen Kfz-Handel mit Werkstatt und Lager betrieb. An dem Schadenstag arbeitete der damals 19-jährige Beklagte an der Wuchtmaschine. Der damals 17-jährige Kläger, ein weiterer Auszubildender und ein anderer Arbeitnehmer waren im Raum, als der Beklagte plötzlich mit abgewandter Körperhaltung ein ca. 10 g schweres Wuchtgewicht hinter sich warf und den Kläger am linken Auge und an der linken Schläfe verletzte.

Da der Kläger, als er von diesem Wuchtgewicht getroffen wurde, ca. 13 m von dem Beklagten entfernt stand, war klar, dass der Wurf mit gehöriger Kraft erfolgt sein musste, da ihn sonst das ca. 10 g schwere Wuchtgewicht nicht derart hätte treffen können.

Hierzu hat das Bundesarbeitsgericht ausgeführt, dass Auszubildende, die durch ihr Verhalten bei einem Beschäftigten desselben Betriebs einen Schaden verursachen, nach den gleichen Regeln haften, wie andere Arbeitnehmer auch. Das Arbeitsrecht differenziert also bei der Haftung nicht zwischen Auszubildenden und Arbeitnehmer.

Das BAG betont, dass entscheidend für das Vorliegen einer „betrieblichen Tätigkeit“ und das Eingreifen des Haftungsausschlusses im Sinne von § 105 Abs. 1 Satz 1 SGB VII die Verursachung des Schadensereignisses durch eine Tätigkeit des Schädigers sei, die ihm von dem Betrieb oder für den Betrieb, in dem sich der Unfall ereignet habe, übertragen worden sei oder die von ihm im Betriebsinteresse erbracht worden sei.

 

Hierbei stellt das BAG klar, dass nicht jede Tätigkeit im Betrieb des Arbeitgebers zwingend auch eine betriebsbezogene sein müsse. Ebenso wenig führe bereits die Benutzung eines Betriebsmittels zur Annahme einer betrieblichen Tätigkeit. Es komme darauf an, zu welchem Zweck die zum Schadensereignis führende Handlung bestimmt gewesen sei.

Wenn ein Schaden nicht in Ausführung einer betriebsbezogenen Tätigkeit verursacht worden sei, sondern nur bei Gelegenheit der Tätigkeit im Betrieb, sei dies dem persönlich-privaten Bereich des schädigenden Arbeitnehmers zuzurechnen. So seien Verhaltensweisen, die zu den Besonderheiten des Schulbetriebs gehören wie Spielereien, Neckereien und Raufereien im betrieblichen Umfeld gerade keine „betriebliche Tätigkeit“, sondern führen vielmehr zur Einordnung in den persönlich-privaten Bereich.

Um den Besonderheiten des Ausbildungsverhältnisses im Betrieb Rechnung zu tragen und Auszubildende ausreichend zu schützen, sei das Haftungsprivileg des Arbeitnehmers und die Vorschrift des § 828 Abs. 3 BGB ausreichend.

Das heiß, es kommt für die Haftung von Auszubildenden/Arbeitnehmern zunächst auf den Grad des Verschuldens an:

Für vorsätzlich verursachte Schäden hat der Betreffende in vollem Umfang einzustehen.

Bei grober Fahrlässigkeit haftet der Schädiger grundsätzlich voll, es sind allerdings Haftungserleichterungen möglich, so z. B., wenn der Verdienst des Schädigers in einem deutlichen Missverhältnis zum verwirklichten Schadensrisiko steht.

Bei mittlerer Fahrlässigkeit hat der Schädiger den Schaden anteilig zu tragen, bei leichter Fahrlässigkeit haftet der Betreffende hingegen nicht.

Zudem kommt es, sollte der Schädiger das 18 Lebensjahr noch nicht vollendet haben, gemäß § 828 Abs. 3 BGB darauf an, inwieweit er bei der Begehung der schädigenden Handlung die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht hatte.

Im vorliegenden Fall hatte das BAG klargestellt, dass Schadensersatzansprüche des geschädigten Auszubildenden gegenüber dem anderen bestehen und diesem Anspruch nicht der Haftungsausschluss des § 105 Abs. 1 SGB VII (betrieblich veranlasste Tätigkeit, Schaden wurde fahrlässig herbeigeführt) entgegengehalten werden könne. Der Wurf des Beklagten sei nicht in Ausführung einer betrieblichen Tätigkeit und zudem mit einem gewissen Kraftaufwand erfolgt, wobei der Beklagte gewusst habe, dass sich noch weitere Personen im Raum befunden haben, die er hätte treffen und verletzen können. Hier hatte das BAG zwar ein fahrlässiges Handeln des Beklagten bejaht, mangels Vorliegens einer betrieblichen Tätigkeit aber sowohl (privat) Schadenersatzansprüche als auch ein nicht unerhebliches Schmerzensgeld zugesprochen.

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