Es gehört zur Allgemeinbildung – zumindest der Weintrinker –, dass ein Glas Rotwein am Abend nicht nur der Stimmung zuträglich, sondern darüber hinaus, „wissenschaftlich erwiesen“ der Gesundheit förderlich ist. Verfechter der Gegenauffassung weisen hingegen darauf hin, die Wirkung von Alkohol sei medizinisch – und juristisch (!), wie sich im Folgenden zeigen wird – wohl eher „unbekömmlich“.
Da sich im Übrigen das Postulat des gesundheitsförderlichen Alkoholgenusses bislang hartnäckig nicht auf den Bierkonsum erstrecken wollte, nahm eine Brauerei aus Oberschwaben das Heft des Handelns in die Hand und bewarb ihre Bierprodukte mit den Slogans: ,,bekömmlich, süffig – aber nicht schwer“ und ,,feinwürzig und herzhaft im Geschmack, erfrischend bekömmlich für den großen und kleinen Durst“.
Diese Werbung rief nunmehr einen Unterlassungsklageverband auf den Plan. Wer im Übrigen meint, bei solchen Verbänden handele es sich nur um Verbraucherschutzverbände oder ähnliche (altruistische) Einrichtungen, der irrt. Vielfach schließen sich auch Gewerbetreibende zu Interessenverbänden zusammen, um so zur Wahrung der Regeln des lauteren Wettbewerbs (freilich recht ,,selektiv“) ‚beizutragen‘.
Im vorgenannten Fall, der vom LG Ravensburg am 25.08.2015 (Az. 8 O 34/15 KFH, nicht rechtskräftig) entschieden wurde, entzündete sich der Streit sodann auch am Wort ,,bekömmlich“.
Es existiert nämlich auch für die Bewerbung alkoholischer Getränke mit mehr als 1,2 Volumenprozent Alkoholgehalt eine europäische Verordnung (Verordnungsnummer 1924/2006 EG). Nach dieser dürfen die vorgenannten alkoholischen Getränke nicht mit gesundheitsbezogenen Angaben versehen oder mittels selbiger beworben werden.
Den gewagten Einwand der Brauerei dahingehend, es handele sich bei der Verwendung des Wortes ,,bekömmlich“ um eine reine Geschmacksangabe, ließ das LG nicht gelten; es legte vielmehr unter Hinzunahme des Dudens und deutschen Wörterbüchern fest, das Wort ,,bekömmlich“ bedeute: ,,leicht verträglich, gut verdaulich [und daher gesund]“.
Den Gesundheitsbezug der ,,Bekömmlichkeit“ stellte im Übrigen auch bereits das OVG Koblenz, mit Urteil vom 19.08.2009 (Az. 8 A 10579/09) im Zusammenhang mit als ,,bekömmlich“ beworbenem Wein fest:
,,Danach stellt der Begriff ‚bekömmlich‘ bei Wein einen Zusammenhang zu Vorgängen im Körper her und spricht nicht nur das allgemeine Wohlbefinden an, das mit dem Konsum des Weins verbunden sein kann“.
Demnach war die Bewerbung des bekömmlichen Biers gesundheitsbezogen, unlauter und damit unzulässig.
Wer nun aber der Meinung ist, beim Wein müsste dies doch anders sein, da schließlich ,,wissenschaftlich erwiesen“ wäre, dass dieser der Gesundheit zuträglich sei, dem darf entgegnet werden: Dieses Argument wurde von den Winzern schon zum EuGH getragen (EuGH Urteil vom 06.09.2012 – Az. C-544/10). Dieser urteilte: Selbst wenn der Nachweis erbracht sei, dass der maßvolle Alkoholkonsum die Gesundheit fördere oder wenigstens nicht beeinträchtige, seien gesundheitsbezogene Angaben verboten. Das Ziel sei nämlich, die mit einem übermäßigen Alkoholkonsum einhergehenden Gefahren für die Gesundheit zu reduzieren.
Unter dem juristischen Schutzmantel ist daher weder Bier noch Wein „bekömmlich“. Verwunderlich?! Schon Paracelsus wusste doch: „Alle Ding sind Gift, und nichts ist ohne Gift; allein die Dosis machts, dass ein Ding kein Gift sei.“
In diesem Sinne: ,,Wohl bekomm´s“!