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Erbrecht: Sterben im Internet – Was passiert mit dem Digitalen Nachlass?

Ein Testament zu errichten, mit dem den Hinterbliebenen Hab und Gut zugewandt wird, ist für viele selbstverständlich und häufig zwingend geboten. Weniger Gedanken machen sich die meisten aber darüber, was mit ihrem so genannten ,,Digitalen Nachlass“ geschieht.

1.
Was ist gemeint, wenn vom „Digitalen Nachlass“ die Rede ist?

 Der Digitale Nachlass besteht vor allem aus verschiedensten Vertragsbeziehungen (Ebay, Zalando, Amazon u.a.), dem Eigentum an Hardware (z.B. PC, Server, Festplatte, Handy), einer Vielzahl von Rechten (z.B. an Websites; Urheberrechten an Beiträgen, Blogs, Videos, Bildern, Nutzungsrechten an Software, an – auch virtuell z.B. in Clouds – gespeicherten Daten) sowie Zugängen jeglicher Art (z.B. zu Suchmaschinen, wie world wide web), virtuellen Konten (z.B. PayPal), Accounts (z.B. E-Mail, Twitter, Whatsapp), Mitgliedschaften in sozialen Netzwerken, Benutzer- und Firmenprofile im Netz u.v.m.

 

2.
Was wird vererbt?

Das Erbrecht wurde lange Zeit vor dem digitalen Zeitalter erdacht, und ist dennoch auf den digitalen Nachlass anwendbar, wobei bisher Details nicht richterlich geklärt wurden. Grundsätzlich weist das Erbrecht aber (nur) den Erben sämtliche Rechte zu, nicht jedoch zwingend den Angehörigen.

Der digitale Nachlass wird also zunächst einmal wie der materielle Nachlass vererbt. D.h. der Erbe tritt in die Stellung des Erblassers ein und erbt Gegenstände wie Handy oder PC sowie die vertraglichen Ansprüche und Vertragsverhältnisse, auch die Dauerschuldverhältnisse, wie z.B. Verträge mit Providern und andere Onlinevertragsbeziehungen, welche er dann freilich als Rechtsnachfolger zu erfüllen hat.

Da der Erbe die Nachlassverbindlichkeiten nicht nur zu erfüllen, sondern auch aufzudecken hat, ist er auf die digitalen Daten, vor allem auch auf den Zugang zu diesen mittels Passwort, angewiesen.

So werden z.B. Rechnungen von einigen Firmen nur noch online versandt, das Impressum von Websites ist (nach allgemeiner Auffassung innerhalb von 6 Wochen) zu ändern oder rechtswidrige Inhalte auf Websites des Erblassers sind zu entfernen. Auch haben Erben möglicherweise ein Interesse daran, den Gedenkstatus bei Facebook oder die vollständige Löschung von Daten zu verhindern.

Ob digitale Dienstleister eine Pflicht zur Herausgabe von Daten haben oder dies sogar aufgrund einer Verletzung des Fernmeldegeheimnisses strafbar ist, ist unter Juristen allerdings höchst umstritten. Da es bisher keine einheitliche rechtliche Linie gibt, sehen Erben sich häufig dem praktischen Problem gegenüber, dass die Besitzer der Daten sich im eigenen Interesse darauf berufen, die Daten wegen möglicher Verletzung des Fernmeldegeheimnisses, aus Datenschutzgründen oder wegen einer möglichen Verletzung des postmortalen Persönlichkeitsrechts nicht herauszugeben.

 

3.
Wie kommt der Erbe also praktikabel an die Daten?
a) Legitimation

 Grundsätzlich ist eine Legitimation als Erbe erforderlich. In Deutschland erfolgt dies regelmäßig durch die Vorlage eines (kostenpflichtigen) Erbscheins. Die Erteilung des Erbscheins kann aber einige Zeit dauern, zudem genügt dessen Vorlage vielen „Datenschuldnern“ – vermutlich zu Unrecht – nicht.

 

b) Regelung durch den Erben zu Lebzeiten

 Angeraten wird daher zur Vermeidung dieser Diskussion, dass der digitale Nachlass, vor allem der Zugang (Passwortschutz) zu den Daten, bereits zu Lebzeiten geregelt wird. Die einfachste Lösung ist das Hinterlassen einer stets aktualisierten Passwortliste, was allerdings in falschen Händen zu Missbrauch führen kann. Das in den Medien in letzter Zeit aufgetauchte sog. „Google-Testament“, mit dem vertrauten Personen der Zugriff auf die „google-dominierten“ Dienste ermöglicht werden kann, erfasst bei weitem nicht alle oben genannten digitalen Hinterlassenschaften. Eine digitale Testamentsvollstreckung oder die Beauftragung eines Dienstes mit der Ermittlung hilft nur bei der Auffindung von digitalem Nachlass, nicht aber zur Begründung eines legitimierten Zugriffs.

Eine gerade für den Fall, dass die Passwortlisten nicht optimal gepflegt werden, empfohlene Möglichkeit bietet die so genannte Generalvollmacht zugunsten einer Vertrauensperson. Diese kann so gefasst werden, dass sie erst nach dem Tod wirksam wird (postmortal) oder bereits für den Fall greift, dass der spätere Erblasser handlungsunfähig wird (z.B. durch Krankheit). Ihre Wirkung kann über den Tod hinaus verlängert werden (transmortal). Letzteres ist für diese Zwecke sinnvoll.

Kombiniert man die Vollmacht mit einer Passwortliste, reduziert sich die Anwendung der Vollmacht auf die nicht aktualisierten Daten, und erleichtert so die Maßnahmen des Nachfolgers, der diesbezüglich dann eben „nur“ als Bevollmächtigter, und nicht als Erbe auftritt, und damit häufiger Gehör finden wird als beim Auftritt als Erbe.

Ergänzend kann und sollte der digitale Nachlass aber auch testamentarisch geregelt werden, um auch notfalls mit dem Testament bzw. dem Erbschein die Legitimation zu dokumentieren.

4.
Fazit

Die praktischen Probleme bei der Ermittlung des Digitalen Nachlasses erfordern es, dass der spätere Erblasser den Umgang mit diesem bereits zu Lebzeiten „organisiert“.

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