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Grundstücksveräußerungen und Umsatzsteuer

Wenn auch die Umsatzsteuer häufig als „neutrale Lästigkeit“ empfunden wird, die lediglich Verwaltungsaufwand auslöst, am Ende aber eine Nullbelastung darstellt, ist dem in vielen Situationen zu widersprechen:

Zwar ist die Idee der Nettobelastung beim Unternehmer grundsätzlich richtig. Sie trifft aber dann nicht mehr zu, wenn der Unternehmer selbst umsatzsteuerfreie Ausgangsleistungen am Markt anbietet, da dann das Umsatzsteuerrecht ihn als „Quasi-Endverbraucher“ wertet mit der Konsequenz, dass die Umsatzsteuer eine echte Belastung wird.

Gerade Immobilieneigentümer müssen hier sehr aufpassen, da sowohl die langfristige Vermietung von Immobilien, als auch deren Veräußerung grundsätzlich umsatzsteuerfrei erfolgen, folglich das Risiko einer Endbelastung bei ihnen latent droht.

Betrachtet man sich die Immobilientransaktion, so ist folgendes System zu vergegenwärtigen:

Der Verkäufer einer Immobilie ist in der Regel unternehmerisch tätig im Sinne der Umsatzsteuer. Entweder er war bereits Vermieter, und damit unternehmerisch tätig. Oder aber er handelt regelmäßig mit Immobilien und ist damit mit deren An- und Verkauf nachhaltig unternehmerisch tätig. Der gelegentliche Verkauf einer Immobilie (Privatimmobilie) unterfällt dagegen nicht der Umsatzsteuer.

Der Unternehmer hat auch grundsätzlich für seine Vorsteuerbelastung bei Investitionen (Eingangsumsätze) den Vorsteuerabzug, der die Neutralität der Umsatzsteuer sicherstellt. Dies gilt aber nicht, wenn die Eingangsumsätze steuerfreien Ausgangsumsätzen gegenübersteht. Der Vorsteuerabzug ist dann ausgeschlossen.

Dies gilt auch – und das wird häufig übersehen – für einige Jahre ab Investition: Im Rahmen einer so genannten Beobachtungszeit muss nämlich nachgewiesen sein, dass der Unternehmer nicht nur bei Investition die Absicht hatte, steuerpflichtige Ausgangsumsätze zu tätigen, sondern auch, dass er tatsächlich ausschließlich umsatzsteuerpflichtige Ausgangsumsätze hatte.

Stellt sich im Nachhinein heraus, dass ein Wechsel in der unternehmerischen Tätigkeit stattgefunden hat, und zwar von steuerpflichtigen Ausgangsumsätzen (z.B. steuerpflichtige Vermietung) hin zu steuerfreien Ausgangsumsätzen (z.B. steuerfreie Vermietung, weil nach Mieterwechsel Mieter nunmehr eine Privatperson ist), dann wird für den Restlauf der Beobachtungszeit (bei Immobilien beträgt der Zeitraum 10 Jahre) der ehemals gewährte Vorsteuerabzug anteilig korrigiert. Das bedeutet, dass der Unternehmer seine ehemals gezogene Vorsteuer anteilig an den Fiskus zurückzuführen hat. Eine echte Liquiditätsbelastung!

Der Unternehmer muss also darauf bedacht sein, nach steuerpflichtigen Ausgangsumsätzen (und damit der Möglichkeit zum Vorsteuerabzug) einen steuerfreien Umsatz zu vermeiden.

Wie ist also der Verkauf zu werten?

Wird eine vermietete Immobilie verkauft an einen Erwerber, der die Vermietungstätigkeit fortführt, so greift § 1 Abs. 1 a UStG und bewertet diese Transaktion als „Geschäftsveräußerung im Ganzen“. Das Gesetz unterstellt also, dass hier lediglich ein Unternehmensträgerwechsel stattfindet, der umsatzsteuerlich ohne Belang sein soll. Der Erwerber tritt in die Fußstapfen des Veräußerers und führt dessen umsatzsteuerliche Eigenschaft fort, da er auch das Unternehmen fortführt. In diesen Fällen ist die Immobilienveräußerung nicht steuerbar. Die Transaktion hat also keinerlei Auswirkung auf das umsatzsteuerliche Umfeld und ist nicht steuerfrei. Es muss keine Vorsteuer erstattet werden.

Sollte aber die Vermietung nicht fortgesetzt werden – oder aber, wie das Finanzgericht Berlin-Brandenburg kürzlich entschieden hat (Urteil vom 12.11.2014, 7 K 7283/12; Revision eingelegt, Aktenzeichen BFH: V R 66/14), schon von vornherein keine langfristige Vermietungsabsicht vorgelegen haben (im Fall war es so, dass ein Unternehmer Immobilien gekauft, ausgebaut und nur für einen kurzen Zeitraum von maximal 17 Monaten an die künftigen Erwerber vermietete) -, dann ist im Rahmen der Transaktion eine Fortführung des Unternehmens nicht gegeben. Denn der Erwerber nutzt entweder die Immobilie anderweitig (z.B. nunmehr im Eigennutz), oder aber er nutzt sie zur Vermietung, obwohl der Veräußerer – so der dem BFH vorliegende Fall – gar keine Vermietungstätigkeit im unternehmerischen Sinne ausgeübt hatte. Das führt dazu, dass der Umsatz grundsätzlich steuerbar ist, was wiederum zu der Folgefrage führt, ob Steuerfreiheit oder Steuerpflicht besteht.

Grundsätzlich stellt hier das Umsatzsteuerrecht die Transaktion von Grundstücken, weil sie der Grunderwerbsteuer unterliegen, von der Umsatzsteuer frei. Allerdings besteht die Möglichkeit, zur Umsatzsteuer zu optieren, sollte der Erwerber selbst wiederum Unternehmer sein.

Um die Berichtigung der Vorsteuer, wie oben beschrieben, zu vermeiden, wird man also die Option ausüben (müssen). Beim Verkauf von Immobilien ist allerdings darauf zu achten, dass die Option zur Steuerpflicht im notariellen Vertrag beurkundet werden muss, also nicht nachträglich erst eingefügt werden kann. Vergisst man dies, so kommt es wegen des dann zwingend umsatzsteuerfreien Verlaufs zur Vorsteuererstattungsproblematik.

Beispiel:

Der Vermieter einer Immobilie (Investition 2010) veräußert die Immobilie in 2015 an den Mieter. Er vergisst die Option zur Umsatzsteuerpflicht, obwohl der Mieter (Ärztegemeinschaft) Unternehmer ist und grundsätzlich eine Option möglich wäre (Anmerkung: unabhängig davon, dass die Ärztegemeinschaft möglicherweise nur umsatzsteuerfreie Umsätze tätigt!). Den Vorsteuerabzug, den der Vermieter in 2010 in Höhe von 200 TEUR gezogen haben soll, muss er nunmehr in Höhe von 50 % (dies wird regelmäßig monatsgenau ermittelt) an den Fiskus zurückerstatten, also einen Betrag in Höhe von 100 TEUR. Dies hätte er vermeiden können, wenn er den Verkauf steuerpflichtig gemacht hätte, was freilich bei der Ärztegemeinschaft wegen des dadurch erhöhten Preises problematisch hätte sein können, bei einem umsatzsteuerpflichtigen Erwerber allerdings wegen der Neutralität der Umsatzsteuer und der Möglichkeit des Vorsteuerabzugs unproblematisch gewesen wäre.

Die Erkenntnis bleibt: Gerade Grundstückstransaktionen, bei denen es häufig um große Werte geht, zwingen dazu, auch die Umsatzsteuerbrille aufzusetzen, um Risiken zu erkennen, die in einer Transaktion stecken. Durch geeignete Klauseln lässt sich das Risiko auf Null reduzieren, womit die Umsatzsteuer tatsächlich zur „neutralen Lästigkeit“ wird.

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