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Zur drohenden Zahlungsunfähigkeit eines Unternehmens

Ist die Ratenzahlungsbitte als solche geeignet, Kenntnis von der drohenden Zahlungsunfähigkeit zu vermitteln (OLG Hamm)

Immer wieder sehen sich Unternehmen mit Anfechtungsansprüchen von Insolvenzverwaltern konfrontiert, die sich auf einen weit zurückliegenden Zeitpunkt beziehen. Dann handelt es sich in der Regel um eine sog. Vorsatzanfechtung. Voraussetzung hierfür ist unter anderem, dass der Anfechtungsgegner (also der Zahlungsempfänger = Gläubiger) Kenntnis von der (im Zeitpunkt der Zahlung: drohenden) Zahlungsunfähigkeit hatte. In diesem Zusammenhang hat das OLG Hamm (AZ 27 W 94/14) einen aus Gläubigersicht erfreulichen Beschluss erlassen.

Es ging um folgenden Sachverhalt: Im Rahmen einer wohl länger andauernden Geschäftsbeziehung war die Schuldnerin mit verschiedenen Zahlungen in Verzug geraten. Nachdem eine – im Beschluss nicht genau bezifferte – beträchtliche Summe aufgelaufen war, forderte die Gläubigerin sie einmal „ernsthaft“ (so das OLG) zur Zahlung auf, was unmittelbar (innerhalb von wenigen Tagen) zum Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung führte. Die Schuldnerin hielt die Ratenzahlungsvereinbarung in der Folge „im Wesentlichen vereinbarungsgemäß“ ein und zahlte in der Summe die bis zur Einstellung der Zahlungen fälligen Raten. Die Zahlungen reichten dabei nicht aus, die Forderung vollständig auszugleichen, der Forderungsbestand erhöhte sich sogar noch. Trotzdem gelangte das OLG zu dem Ergebnis, dass eine Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit auf Seiten der Gläubigerin nicht vorlag.

Das OLG führt in seinem Beschluss aus, dass allein aus der Tatsache eines sich erhöhenden Forderungsbestandes, nicht automatisch auf die Kenntnis der Gläubigerin von einer Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin geschlossen werden könne. Die Gläubigerin müsse die Forderungen auch ernsthaft eingefordert haben, was sich aus Zahlungsaufforderungen oder Mahnungen ergebe, welche der klagende Insolvenzverwalter mit Ausnahme der oben genannten Zahlungsaufforderung nicht vorgelegt hatte.

Weiter führt das OLG aus, dass eine Ratenzahlungsbitte als solche nicht geeignet sei, der Antragsgegnerin die Kenntnis von einer drohenden Zahlungsunfähigkeit zu vermitteln. Ratenzahlungsvereinbarungen seien ein gängiges Mittel im Geschäftsverkehr und ließen nicht ohne weiteres auf eine drohende Zahlungsunfähigkeit schließen, wenn die Bitte nicht zugleich mit der ernsthaften Erklärung verbunden sei, die fällige Forderung ohne Ratenzahlungsvereinbarung nicht begleichen zu können. Da im Ergebnis keine Kenntnis der Gläubigerin von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit festgestellt werden konnte, durfte sie die Zahlungen behalten!

Aber: Anders stellt es sich bei mehrmonatiger Nichterfüllung einer Ratenzahlungsvereinbarung dar. Eine solche könne, so das OLG, grundsätzlich ohne weiteres dazu führen, auf eine Zahlungseinstellung zu schließen. Dies begründe Kenntnis und – bei Vorliegen der weiteren Anfechtungs-Voraussetzungen – müsse die Gläubigerin dann die Zahlungen herausgeben.

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