Immer wieder ist zu beobachten, dass – durchaus auch angestellte Führungskräfte – nichts Böses ahnend morgens zur Arbeit erscheinen und dort ein Schreiben vorfinden, wonach sie ab sofort von der Arbeitsleistung frei gestellt sind. Beigefügt ist ein Aufhebungsvertragsentwurf, der nach ein paar Tagen Bedenkzeit unterschrieben werden sollte. Wenn der erste Schreck vorüber ist, stellen sich plötzlich viele Fragen:
Muss der Arbeitsplatz direkt geräumt werden oder darf man eventuell noch in den folgenden Tagen dorthin zurück? Da der Arbeitgeber das Hausrecht hat, kann er grundsätzlich auch darüber bestimmen, ob und wie lange Sie sich auf dem Betriebsgelände aufhalten dürfen. Wenn der Arbeitnehmer gleichwohl einen Beschäftigungsanspruch durchsetzen will – ein gesetzlicher Beschäftigungsanspruch existiert zum Beispiel bei schwerbehinderten Menschen (§ 81 Abs. 4 Nr. 1 SGB IX) und in Berufsausbildungsverhältnissen (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 BBiG) müsste zunächst gerichtliche Hilfe in Anspruch genommen werden, bevor das Betriebsgelände gegen den Willen des Arbeitgebers wieder betreten werden darf.
Besteht ein Anspruch auf eine Abfindung und wenn ja, in welcher Höhe? Grundsätzlich steht dem Arbeitnehmer kein Anspruch auf eine Abfindung zu, wenn der Arbeitgeber wirksam gekündigt hat. Gerade in größeren Betrieben werden aber häufig für den Betrieb geltende Regelungen getroffen, nach welchen Bemessungskriterien gekündigten Arbeitnehmern gleichwohl eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes zukommen soll. Existieren solche Regelungen nicht, so kann man sagen, dass der Arbeitgeber umso eher bereit sein wird, eine Abfindung an den Arbeitnehmer im Wege einer vergleichsweisen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu zahlen, umso schlechter seine Chancen sind, den Kündigungsschutzstreit vor Gericht zu gewinnen.
Welche Auswirkungen wird der Abschluss eines Aufhebungsvertrages und die Annahme einer Abfindung möglicherweise auf den Bezug von Arbeitslosengeld haben? Hier ist grundsätzlich mit einer Sperrzeit/Ruhen hinsichtlich des Arbeitslosengeldes zu rechnen.
Kann zum Beispiel ein Firmenfahrzeug noch eine Weile privat weiter genutzt werden oder ist dieses direkt zurückzugeben? Hier kommt es auf die getroffenen Vereinbarungen zwischen den Parteien an. Durfte das Fahrzeug bislang nur dienstlich genutzt werden, dann darf der Arbeitnehmer dieses auch weiterhin nicht privat nutzen. Ist auch die Privatnutzung gestattet, so muss dieses regelmäßig nicht sofort zurückgegeben werden. Verlangt der Arbeitgeber gleichwohl die sofortige Rückgabe des Fahrzeugs, macht er sich schadensersatzpflichtig und ist dem Arbeitnehmer zum Ersatz des Nutzungsausfalls verpflichtet.
Viele weitere Fragen drängen sich auf, zB.: Wie wirkt sich die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Beispiel auf eine betriebliche Altersversorgung aus? Gibt es zwischen den Parteien die Vereinbarung eines Wettbewerbsverbotes und was soll damit passieren? Insbesondere stellt sich die Frage, was passiert, wenn man sich nicht einvernehmlich auf einen Aufhebungsvertrag verständigen kann. Wie realistisch ist dann tatsächlich der Erfolg einer arbeitgeberseitig ausgesprochenen und zumeist in dem Schreiben schon angekündigten Kündigung? Greifen Kündigungsschutzvorschriften zugunsten des betreffenden Arbeitnehmers (z.B. KSchG, MSchG, Schwerbehinderung etc.)?
Zu beachten ist auch: Gerade in größeren Betrieben werden viele Mitarbeiter gerne als sogenannte leitende Angestellte bezeichnet, denen nur ein „eingeschränkter“ Kündigungsschutz zukommt. Gemäß § 14 Abs. 2 KSchG trifft dies jedoch nur auf solche leitenden Angestellten zu, die zur selbstständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind. An diese selbstständige Einstellungs- oder Entlassungsbefugnis stellt das Bundesarbeitsgericht hohe Anforderungen: Der leitende Angestellte muss tatsächlich die Rechtsmacht haben, den Arbeitgeber selbstständig bei der Begründung und Auflösung von Arbeitsverhältnissen zu vertreten. Wer hingegen nur Vorschläge unterbreiten darf, fällt nicht hierunter!
Handelt es sich nach dieser Definition um (echte) leitende Angestellte, bedeutet der eingeschränkte Kündigungsschutz für diese Angestellten, dass sie zwar auch unter den Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes fallen, sofern sie länger als 6 Monate in dem Betrieb angestellt sind und sofern dort regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden beschäftigt werden. Allerdings kann der „einfache“ Angestellte, wenn die ihm gegenüber ausgesprochene Kündigung unwirksam ist, im Wege einer Kündigungsschutzklage im Regelfall tatsächlich seinen Arbeitsplatz erhalten, sofern er sich nicht mit dem Arbeitgeber einvernehmlich auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung verständigt.
Beim leitenden Angestellten hat der Arbeitgeber allerdings die Möglichkeit, selbst wenn die Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht beendet haben sollte, gemäß § 14 Abs. 2 S. 2 i.V.m. § 9 Abs. 1 S. 2 KSchG beim Arbeitsgericht einen Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu stellen, der keiner Begründung bedarf. In diesem Fall wird der leitende Angestellte zwar eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes erhalten, hat aber nicht die Möglichkeit, gegen den Willen des Arbeitgebers an seinen Arbeitsplatz zurückzukehren.
Fazit: Wer also den ersten Schreck des morgendlichen Angebots eines Aufhebungsvertrages wegen ansonsten drohender Kündigung überwunden hat, sollte genau darauf achten, welche Vor- und Nachteile ein Aufhebungsvertrag für ihn hat bzw. ob und welche Kündigungsschutzmöglichkeiten sich ihm bieten. Zwar ist hier eine zügige Reaktion geboten, gleichwohl sollte aber keine unüberlegte Reaktion erfolgten.