Freie Berater-Stellung vs. steuerliche Privilegierung
Für viele Unternehmer ist das aufgebaute Unternehmen nicht nur Existenzgrundlage während des Unternehmerlebens, sondern zugleich auch Teil der Altersvorsorge, wobei stets zu beachten ist, auch in der Altersvorsorge eine Diversifizierung vorzunehmen, und nicht alleine auf den Unternehmenswert zu bauen.
Diese Erkenntnis gilt auch für Freiberufler, deren Praxiswert allerdings häufig nur sehr viel schwieriger auf einen Nachfolger zu übertragen ist, da er nicht selten an der Persönlichkeit des Praxisinhabers festgemacht werden muss. Nicht selten findet sich daher in Praxisübergabeverträgen eine Absprache, dass der abgebende Unternehmer noch für eine gewisse Zeit der Praxis mit seinem Know-How und vor allem seinen wertvollen Kundenbeziehungen verbunden bleibt, sei es als freier Berater oder als angestellter Berufsträger. Bei solchen Konstellationen ist allerdings vor folgendem Hintergrund Vorsicht geboten:
Der Praxisverkauf an den Unternehmensnachfolger kann nämlich steuerlich privilegiert sein, wenn der Senior durch den Verkauf seine selbständige Tätigkeit endgültig aufgibt und das 55. Lebensjahr vollendet hat. Dann nämlich kann er einen – wenn auch überschaubaren – Freibetrag geltend machen, den er von seinem Veräußerungsgewinn in Abzug zu bringen hat. Zudem gilt für den erzielten Veräußerungsgewinn ein privilegierter Steuersatz, der, je größer der Veräußerungsgewinn gegenüber den sonstigen Einkünften des Steuerpflichtigen ist, umso mehr steuerbegünstigend wirkt. Nicht zuletzt wegen letztgenannter Korrelation empfiehlt es sich häufig, den Verkauf in einen Veranlagungszeitraum zu legen, indem keine oder zumindest wenige andere Einkünfte erzielt werden, zum Beispiel also auf den 01.01. eines Jahres, damit neben dem Veräußerungsgewinn keine (laufenden) Einkünfte bestehen, die die Privilegierung im Steuersatz aufweichen könnten.
Die Privilegierung setzt allerdings voraus, dass der Veräußerer seine Tätigkeit endgültig einstellt und seinen Betrieb, wie er auf ihn zugeschnitten war, endgültig abgibt. Insbesondere steht hierbei die Überleitung des Kundenstammes/good wills (ein Zurückbehalt von bis zu 10 % des Umsatzes gilt als unschädlich) auf den Nachfolger im Fokus der Betrachtung. Schädlich ist es daher, wenn der Veräußerer nach einiger Zeit der Überleitung auf den Nachfolger (zum Beispiel durch Anstellung im übertragenen Betrieb) sich wiederum im gleichen Bereich erneut selbständig macht.
Hier hatte der BFH selbst nach einer 22 Monate andauernden Anstellung weiterhin einen so starken sachlichen und zeitlichen Zusammenhang gesehen, dass er die Überleitung des Kundenstammes angezweifelt und die Betriebsveräußerung nicht anerkannt hat.
Für den Praxisinhaber bedeutet dies, dass er im Rahmen seiner Vorsorgeplanung durchaus den Praxiswert als Säule seiner Altersvorsorge berücksichtigen kann, mit den Verkaufsüberlegungen zugleich aber auch eine Absicherung für das Alter anzudenken hat, die ihm bestmöglich das Privileg der Betriebsveräußerung nebst Freibetrag und Steuertarifbegünstigung nicht zerstört. In diesem Zusammenhang ist die oftmals im Rahmen des Verkaufs angedachte Tätigkeit als freier Berater gegen die steuerliche Privilegierung abzuwägen. Mittel- bis langfristige Vorbereitungen helfen also, das aufgebaute Vermögen zu schützen.