Es kommt nicht selten vor, dass Unternehmensstrukturen im Rahmen von Strategieentscheidungen umzuwandeln sind. So kann es zum Beispiel sein, dass zwecks Vorbereitung der Unternehmensnachfolge mehrere Kapitalgesellschaftsbeteiligungen unter eine sogenannte Holding gehängt werden, an der dann die Familienglieder – ohne unmittelbaren Durchgriff auf die operativen Einheiten und damit im Sinne einer Streitvermeidung – zwecks Partizipation am Erfolg der operativen Einheiten beteiligt werden können. Auch die Einbringung eines Unternehmens in den Mantel einer Kapitalgesellschaft – zum Beispiel zwecks Vermeidung von Haftungsrisiken – ist ein solcher Umwandlungsvorgang, der die Struktur des Unternehmens massiv verändert.
In der Regel gilt, dass solche Umwandlungen/Transaktionen die Gefahr in sich bergen, dass stille Reserven aufgedeckt werden, da sie wie Veräußerungen zu handhaben sind. Das Steuerrecht sieht für Fälle der Veräußerung oder Umwandlung regelmäßig die Aufdeckung der stillen Reserven vor, also einen Realisationstatbestand, der zu einer Steuerlast führt. Die Steuerlast würde allerdings den möglicherweise sinnvollen Umstrukturierungsvorgang belasten und damit den Steuerpflichtigen von der Umsetzung möglicherweise abhalten, weswegen der Gesetzgeber Ausnahmeregelungen von diesem Grundsatz der Realisation aufgestellt hat: So sieht das Gesetz beispielsweise bei unentgeltlichen Übertragungen eine zwingende Buchwertfortführung vor, und damit die Vermeidung der Aufdeckung stiller Reserven. Auch das Umwandlungssteuergesetz sieht für gewisse Umstrukturierungen die Möglichkeit vor, zur Buchwertfortführung überzugehen, wenn denn die Besteuerung der stillen Reserven für die Zukunft sichergestellt ist.
Allerdings setzt dieser Buchwertansatz voraus, dass ein entsprechender Antrag auf Buchwertfortführung – und damit die Ausübung des Bewertungswahlrechts – beim Finanzamt gestellt wird. Regelmäßig ist der Antrag von der übernehmenden Gesellschaft zu stellen, und zwar spätestens bis zur erstmaligen Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz bei dem für die Besteuerung der übernehmenden Gesellschaft zuständigen Finanzamt.
Bringt also der Steuerpflichtige sein Einzelunternehmen in eine Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von neuen Anteilen ein, oder hängt er seine bereits existierende operative GmbH unter eine neu gegründete Holding-GmbH im Rahmen eines so genannten Anteilstauschs, dann hat die jeweils übernehmende Gesellschaft beim zuständigen Finanzamt den Antrag auf Buchwertfortführung zu stellen, um so eine Aufdeckung der stillen Reserven beim Inferenten – also beim Steuerpflichtigen – zu vermeiden. Dies sollte vertraglich geregelt werden.
Unter dem Terminus „Schlussbilanz“ ist die Bilanz zu verstehen, in der beim übernehmenden Rechtsträger erstmalig das übernommene Betriebsvermögen gezeigt wird. Sie ist regelmäßig von der Steuerbilanz zu unterscheiden.
In solchen Umstrukturierungsfällen ist also darauf zu achten, dass nicht nur explizit der Antrag gestellt wird, sondern auch die Fristwahrung beachtet wird, also der Antrag spätestens mit der steuerlichen Schlussbilanz eingehen muss, da andernfalls bei einer verspäteten Antragstellung die Aufdeckung der stillen Reserven zwingend ist.
Beispiel:
Bringt der Unternehmen seine GmbH-Beteiligung (Buchwert 50.000,00 EUR; Verkehrswert 1 Mio. EUR) gegen Gewährung neuer Gesellschaftsrechte in eine Holding-GmbH ein und stellt keinen Antrag auf Buchwertfortführung, deckt er die stillen Reserven in dem übertragenen GmbH-Anteil in Höhe von 950.000,00 EUR auf, ohne dass ihm ein entsprechender Liquiditätsbetrag zugeflossen wäre. Stellt er allerdings den Antrag fristgerecht, spätestens mit Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz der Holding-GmbH, führt die Holding-GmbH die Buchwerte der GmbH-Beteiligung mit 50.000,00 EUR fort (die stillen Reserven springen auf den neuen Rechtsträger über). In diesem Fall ist allerdings auch zu beachten, dass eine Weiterveräußerung der Anteile innerhalb einer 7-Jahresfrist rückwirkend den einbringenden Gesellschafter als Einbringungsgewinnbesteuerung treffen wird. Auch dies ist vertraglich abzusichern.