Mit Urteil vom 18.12.2013 (Az.: I R 25/12) hat der BFH eine Entscheidung getroffen, die richtungsweisende Bedeutung für die steuerpraktische Beratung aufweist.
In dem zu entscheidenden Fall ging es um zwei miteinander verbundene Gesellschaften. Die Gesellschaft A war alleinige Anteilseignerin der Gesellschaft B. Während sich die A am Markt behaupten konnte, erwirtschaftete die B über einen längeren Zeitraum hinweg Verluste. Durch diese Verlustwirtschaft „sammelte“ die B sowohl Verlustvorträge gemäß § 8 Abs. 4 KStG 2002 als auch vortragsfähigen Gewerbeverlust gemäß § 10 a Satz 4 GewStG 2002. In Anbetracht dieser Umstände entschloss sich die A dazu, gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten im Wege der Verschmelzung durch Aufnahme ihr Vermögen auf die B zu übertragen. Der Firmenname der B wurde sodann in A umbenannt.
Das Finanzamt sah hierin einen Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne des § 42 AO in der Fassung vom 01.10.2002. Die Verlustvorträge und die vortragsfähigen Gewerbeverluste seien deshalb nicht mehr berücksichtigungsfähig. Die Verschmelzung entbehre jeglicher wirtschaftlichen Vernunft und sei allein in der Absicht der Steuerminderung vorgenommen worden.
Der BFH hob in der Revision auf Antrag der Klägerin die Vorentscheidungen auf und änderte die angefochtenen Bescheide antragsgemäß.
Der BFH führte im Wesentlichen aus, dass nach den speziellen Regelungen des Körperschaftsteuergesetzes und des Gewerbesteuergesetzes die gewählte Gestaltung „erlaubt“ sei. Auch angesichts umwandlungssteuergesetzlicher Regelungen nehme die übernehmende Körperschaft die Rechtsstellung der übertragenen Körperschaft auf, was grundsätzlich die Ausnutzung des Verlustvortrages gestatte.
Kern der Argumentation des BFH ist hierbei, dass die Steuertatbestände sowie deren Regelungsumfelder grundsätzlich in den Spezialgesetzen geregelt sind. Ob ein Ziel, das mit einer Gestaltung erreicht worden ist, vom Gesetzgeber aus nicht gewollt war, entscheide sich nicht an § 42 AO, sondern an dem „umgangenen“ Gesetz und den dieses flankierenden speziellen Missbrauchsvorschriften.
Für den Steuerschuldner und die Beraterpraxis ist das Urteil insofern richtungsweisend, als dass die große „Missbrauchskeule“ des § 42 AO nunmehr etwas abgemildert ist und das Finanzamt sich nicht (mehr) pauschal auf den Missbrauch nach § 42 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 AO berufen kann. Insofern ist der extensiven Auslegung des § 42 AO einmal mehr Einhalt geboten worden und die Prüfung, ob eine Gestaltung letztlich missbräuchlich/unangemessen ist, wieder auf den Prüfungsmaßstab des konkreten Steuergesetzes zurückbezogen worden, das den Vorteil gewähren oder eben nicht vorsehen will.