Der BGH hat mit seiner Entscheidung vom 19.11.2013 noch einmal deutlich gemacht, dass die Krise einer Kapitalgesellschaft insbesondere zu einer erhöhten Sensibilität des Geschäftsführers führen muss, da er bei Missachtung dieser Vorgabe schnell Gefahr läuft, für die Verletzung etwaiger Insolvenzsantragspflichten persönlich mit seinem gesamten Privatvermögen in Haftung genommen zu werden. Dem BGH lag ein Fall vor, bei dem der Insolvenzverwalter den Geschäftsführer der insolventen GmbH in Anspruch nahm, wobei er unter Verweis auf die überschuldete Handelsbilanz das Vorliegen eines insolvenzrechtlichen Überschuldungstatbestandes darlegte und darauf verwies, dass keine stillen Reserven oder anderweitige Vermögenswerte vorhanden seien. Der Geschäftsführer trat dem entgegen und verwies auf stille Reserven und bislang nicht in der Handelsbilanz abgebildete Werte, konnte diese allerdings nicht substantiiert belegen.
Der BGH kam also zu dem Schluss, dass durch den Vortrag des Insolvenzverwalters, die Handelsbilanz mit ihrem negativen Eigenkapital indiziere die rechtliche Überschuldung der GmbH, und damit die Insolvenzantragspflicht des Geschäftsführers, die Darlegungs- und Beweislast des Insolvenzverwalters im Prozess gegen den Geschäftsführer erfüllt sei. Der Geschäftsführer könne nicht durch bloße Behauptung abweichender Werte widerlegen, sondern müsse hierzu substantiiert vortragen. Ihn treffe hier die so genannte sekundäre Darlegungslast, da der Insolvenzverwalter mit seiner Darlegung alles Erdenkliche getan habe, um den Insolvenzgrund der Überschuldung zu belegen. Pauschale Wertbehauptungen ließ der BGH nicht gelten.
Was bedeutet diese Entscheidung für den Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft?
Der BGH verfolgt konsequent seine Linie, dass der Geschäftsführer als Sachnächster allein derjenige sein kann, der über die Insolvenzantragspflicht einer Gesellschaft entscheiden könne. Er sei daher auch der einzige, der entsprechende Bewertungen zur Überprüfung der rechtlichen Überschuldung rechtzeitig anstellen könne und müsse. Ist dann die Insolvenz nicht vermeidbar, so hat der Geschäftsführer über diese Dokumentation die Chance, seine ordnungsgemäße Pflichtwahrnehmung zu belegen und auch die Vorwürfe des Insolvenzverwalters, gestützt auf verobjektivierte Indizien, wie z.B. die Handelsbilanz, abzuwehren. Fehlt es allerdings an der Dokumentation, unterstellt der BGH, dass der Geschäftsführer seinen Pflichten zur Überprüfung und Überwachung der Insolvenzantragspflicht nicht nachgekommen ist mit dem Ergebnis der persönlichen Haftung.
Allein schon die dokumentierte Bewertung von stillen Reserven im Warenbestand kann hier den entscheidenden Unterschied in der Verteidigung gegen den künftigen Insolvenzverwalter ausmachen. Zahlenmäßige Hirngespinste reichen demgegenüber nicht. Die Zahlen müssen belastbar und plausibel sein, finden dann aber auch das nötige Gehör bei Gericht.