Mit dem „Gesetz zur Umsetzung des EuGH-Urteils vom 20.10.2011 in der Rechtssache 10-284/09“ vom 21.03.2013 hat der Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates beschlossen, dass das Körperschaftsteuergesetz in einem wesentlichen Punkt geändert wird. Hinter der kryptischen Bezeichnung des Gesetzes steht eine für Unternehmer wichtige Neuerung:
Kapitalerträge, die eine Körperschaft von einer anderen Körperschaft erhält, sind fortan nur noch dann zu 95 % steuerfrei, wenn die Beteiligung mindestens 10 % des Grund- oder Stammkapitals beträgt. Während bislang sämtliche Ausschüttungen oder Veräußerungsgewinne, die eine Kapitalgesellschaft (z.B. eine GmbH) dadurch erzielte, dass sie an einer anderen Kapitalgesellschaft (z.B. Tochter-GmbH) beteiligt war, als steuerfrei behandelt wurden (allerdings unter Berücksichtigung eines nicht abziehbaren Betriebsausgabenabzugs in Höhe von 5 % der Erträge, so dass letztlich nur 95 % der Erträge steuerfrei gestellt waren), gilt fortan nach dem neuen § 8 b Abs. 4 KStG, dass bei einer „Minderbeteiligung“ von unmittelbar weniger als 10 % des Grund- oder Stammkapitals die Bezüge dem Einkommen hinzuzurechnen sind, also nicht steuerfrei gestellt werden (Streichung der Steuerbefreiung für Streubesitzbeteiligungen).
Eine unmittelbare Beteiligung liegt allerdings auch dann vor, wenn in die Beteiligungskette eine Personengesellschaft (steuerliche Mitunternehmerschaft) eingesetzt wird, also z.B. eine Holding-GmbH zu 20 % an einer Kommanditgesellschaft beteiligt ist, die wiederum 10 % an einer Tochter-GmbH hält. Hier würde die Holding-GmbH, die selbst 8 % unmittelbar an der Tochter hält, im Ergebnis 10 % „unmittelbar“ i S d § 8 Abs. 4 KStG halten, und folglich von der Steuerfreiheit etwaiger Bezüge profitieren können.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bemessung der Höhe der Beteiligung ist der Beginn des Kalenderjahres. Allerdings gilt bei dem Erwerb einer Beteiligung von mindestens 10 % im Laufe des Jahres diese Grenze als zu Beginn des Kalenderjahres erreicht.
Die neue Gesetzeslage gilt gem. § 34 Abs. 7 a KStG für Bezüge, die nach dem 28.02.2013 zufließen.
Damit müssen sich Unternehmer nunmehr in ihrer Steuerplanung mit dem ungünstigen Gesetz auseinandersetzen und ihre Beteiligungsstrukturen überprüfen. Während bislang häufig zur Kapitalbildung die GmbH-Struktur auch bei Minderheitsbeteiligungen zum Zwecke der unversteuerten Thesaurierung etwaiger Ausschüttungen/Veräußerungsgewinne empfohlen werden konnte, muss dies unter dem neuen Gesetz überprüft werden. Durch Gestaltung sollte dafür gesorgt werden, die Mindestbeteiligungsgröße zu erreichen.
Mit dem Gesetz reagiert der Gesetzgeber auf eine Rechtsprechung des EuGH, der ausländische Gesellschaften, die nicht dieses Privileg der steuerfreien Thesaurierung in Kapitalgesellschaftsstrukturen erreichen konnten, im rechtswidrigen Nachteil sah. Wie so oft reagierte der Gesetzgeber aber nicht mit einer Ausweitung dieser für den Steuerpflichtigen günstigen, und systemimmanent eine Doppelbelastung auf Gesellschafts- und Gesellschafterebene vermeidende Regel, sondern mit einer Gleichstellung auf „Niveau des schwächsten Gliedes“, also hier durch eine Anpassung auf die ungünstige Konstellation für ausländische Kapitalgesellschaften. Dies erklärt zumindest, warum das Gesetz in einen kryptischen Namen eingekleidet ist und nicht zu erkennen gibt, warum es eigentlich geht und wie viel Gestaltungsspielraum der Gesetzgeber tatsächlich hatte.