Der Bundestag und der Bundesrat haben das „Amtshilferichtlinien-Umsetzungsgesetz“ Anfang Juni verabschiedet, in dem unter anderem – wie gerne in der modernen Gesetzgebung versteckt hinter einem bürokratisch anmutenden Gesetzesnamen – das Erbschaftsteuergesetz geändert wurde. Es war den Machern des Erbschaftsteuergesetzes schon seit vielen Jahren ein Dorn im Auge, dass das Erbschaftsteuergesetz von 2009 entgegen der eigentlichen Absicht viel Raum für gestalterische Ansätze bot: Gerade im unternehmerischen Bereich ließ und lässt sich die Erbschaft- und Schenkungsteuer in vielen Fällen gänzlich vermeiden. Die Gesetzgebung war gar so „qualitativ“, dass es ohne Weiteres möglich war, eine GmbH mit liquiden Mitteln nach Belieben auszustatten, um diese dann steuerfrei in die nächste Generation zu übertragen (so genannte Cash-GmbH). Es verwundert nicht, dass daher dieses Erbschaftsteuergesetz wieder beim Bundesverfassungsgericht liegt, das Ende September vermutlich die Verfassungswidrigkeit feststellen wird.
Noch vor diesem Stichtag hat nun die Gesetzgebung diese „Steuerumgehung“ – tatsächlich ist dies keine Steuerumgehung, sondern eine vom Gesetzgeber selbst geschaffene „Gesetzeslücke“, die der Steuerpflichtige legal und legitim nutzen kann/sollte – geschlossen, indem er Folgendes in § 13 b Abs. 2 S. 2 Nr. 4 a ErbStG normiert:
Fortan sollen auch Zahlungsmittel, Geschäftsguthaben, Geldforderungen und auch sonstige Forderungen – auch Forderungen aus Lieferung und Leistung – zu schädlichem Vermögen werden können, soweit sie die Nichtaufgriffsgrenze von 20 % des Unternehmenswertes (regelmäßig nach vereinfachtem Ertragswertverfahren, §§ 199 ff. BewG) im Wert übersteigen. Soweit diese Nichtaufgriffsgrenze überschritten wird, ist der darüber hinausgehende Betrag als Verwaltungsvermögen zu qualifizieren, und folglich in der Verwaltungsvermögensquote, die Auskunft darüber gibt, ob ein Unternehmen die Betriebsvermögensprivilegierungen des Erbschaftsteuerrechts nutzen darf, zu berücksichtigen. Übersteigt dann die Verwaltungsvermögensquote inklusive dieses überschießenden Betrages die Marke von 50 % (Regelverschonung) bzw. 10 % (Null-Option), dann ist eine Betriebsvermögensprivilegierung in Gänze nicht zu gewähren.
Allerdings macht der Gesetzgeber aufgrund der heftigen Kritik, dass gerade Forderungen aus Lieferungen und Leistungen und ähnliche kurzfristige Forderungen, aber auch Geldbestände häufig operativ erforderlich sind, und damit gerade nicht „missbräuchlich“ vom Unternehmer zwecks Optimierung der Erbschaftsteuerbelastung im Unternehmen vorgehalten werden, eine weitere Einschränkung: Denn von dem Wert dieser Vermögensgegenstände, die potentiell, wie vorbeschrieben, zu schädlichem Verwaltungsvermögen mutieren können, sind vor Berechnung der Nichtaufgriffsgrenze die Schulden des Unternehmens abzuziehen. Eine Differenzierung nach der Veranlassung der Schulden sieht das Gesetz nicht vor, so dass auch Betriebsmittelkredite, Investitionskredite, aber auch Steuerschulden und sonstige Verbindlichkeiten (nach dem Wortlaut „Schulden“ wohl auch Rückstellungen) in Abzug zu bringen sind. Dies eröffnet dem Steuerpflichtigen erneut erheblichen Gestaltungsspielraum, die „Verschärfung“ des Gesetzes letztlich für eigene Zwecke zu nutzen. Allerdings ist vorsorglich zu beachten, dass die Planung langfristig erfolgen sollte, da weiterhin so genanntes junges Verwaltungsvermögen – also solches Verwaltungsvermögen, das innerhalb der letzten 2 Jahre vor Übertragung des Vermögens eingelegt wurde – nie privilegiert sein kann. Bis zur Nichtaufgriffsgrenze – so zumindest der Wortlaut – sind oben genannte Gegenstände allerdings nicht als Verwaltungsvermögen zu qualifizieren, so dass nach unserem Dafürhalten auch kurzfristige Gestaltungen angedacht werden können. Allerdings sollte man hier den Einzelfall betrachten, um böse Überraschungen zu vermeiden.