Das Verbandssanktionengesetz (Gesetz zur Stärkung der Integrität in der Wirtschaft) wird wohl kommen. Damit wird es künftig auch zur Sorgfalt eines sorgfältigen Geschäftsführers/Vorstands gehören, dass er die Maßnahmen ergreift, die mit zumutbaren Aufwand Sanktionen gegen den Verband (z.B. GmbH, Aktiengesellschaft, GmbH & Co. KG, etc.) mindern oder gar beseitigen. Ein Compliance-Managementsystem und auch interne Ermittlungen (gegebenenfalls durch Dienstleister) werden in Zukunft also in vielen Branchen eher die Regel denn die Ausnahme und nicht mehr auf Groß-Unternehmen beschränkt sein.
Das heißt, dass die entsprechende Sammlung an Akten und Daten aus Revisions- bzw. Compliance-Vorgängen zunehmen und damit dann auch zunehmend Informationen zu Arbeitnehmern in diesen Akten auftauchen werden.
Mit Urteil vom 20. Dezember 2018 (Az: 17 Sa 11/18) hatte das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg ausgeurteilt, dass der Anspruch eines Arbeitnehmers gegenüber seinem Arbeitgeber auf eine Auskunftserteilung gemäß Art. 15 Abs. 1 Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) auf personenbezogene Leistungsdaten und Verhaltensdaten im Einzelfall durch überwiegende berechtigte Interessen Dritter an einer Geheimhaltung durchaus beschränkt sein kann. Ob Interessen Dritter einer Auskunftserteilung entgegenstehen, sei durch eine Interessenabwägung im konkreten Einzelfall zu klären.
Da die DSGVO letztlich nicht verwässert werden darf, wird künftig vom jeweiligen Arbeitgeber bzw. Verband als Arbeitgeber erwartet, dass die Zusammenstellung bzw. Aufarbeitung der Daten sich auch an den Auskunftsinteressen der jeweiligen Arbeitnehmer orientiert. Wer Auskünfte an Arbeitnehmer mit Hinweis auf die Interessen Dritter an Geheimhaltung verweigern will, muss die Interessenabwägung nachweisen und auch dass er seinen zumutbaren Beitrag als Arbeitgeber dazu geleistet hat.
Denn im selbigen Urteil hatte das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg den über die Akten der Personalabteilung hinausgehenden Begriff der Personalakte des Bundesarbeitsgerichts (BAG) bestätigt und auch logisch konsequent angeführt, dass Sonderakten und Nebenakten Bestandteile einer Personalakte sind. Das gilt dann auch für Ermittlungsakten der internen Revision oder aus sonstigen internen Ermittlungen mit Bezug zu Arbeitnehmern.
Es käme laut LAG somit nicht darauf an, ob der dann gegebenenfalls durch den Arbeitnehmer beanstandete Vorgang in die Personalakte der Personalabteilung aufgenommen wird oder auch nicht.
Wie kann also ein Verband als Arbeitgeber sowohl seinen Interessen an internen Ermittlungen zur Reduzierung möglicher Verbandsaktionen wie auch den Interessen der Arbeitnehmer gerecht werden?
Dies gelingt letztlich nach dem allgemeinen Grundsatz „Zerteile und Beherrsche“. Letztlich müssen Revisions- und interne Ermittlungsakten so strukturiert und zusammengestellt werden, dass die den Arbeitnehmer nicht betreffende Passagen in getrennten Absätzen, Kapiteln oder gar getrennten Seiten aufgeführt und entnommen oder den Arbeitnehmer nicht betreffende Passagen im Zusammenhang geschwärzt werden können.
Nichts leichter als das, werden einige Leser nun erfreut ausrufen. Da dürften sich die meisten Leser jedoch zu früh gefreut haben. Die voranstehend in ganz groben Zügen geschilderte Vorgehensweise erfordert profunde rechtliche Kenntnisse nebst der Fähigkeit zur Umsetzung dieser Kenntnisse; und dies ist selbst für Juristen oder andere rechtskundige Personen in Diensten von Unternehmen im Bereich der Ermittlungen nicht immer einfach zu lösen.
Es bietet sich daher an, sich bereits jetzt Gedanken über den Umgang mit dem Verbandssanktionengesetz im Hinblick auf die Rechte von Arbeitnehmern und sonstigen Rechten aus Datenschutzgrundverordnung zu machen und die entsprechenden Gedanken in die Planung und Organisation (Aufbau- und Ablauforganisation) des unternehmerischen Risikomanagements und Qualitätsmanagements (sofern diesem angegliedert) aufzunehmen.
Für entsprechende Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.