Direkt zum Inhalt wechseln

Nichterklärung von Vorschenkungen: Steuerhinterziehung!

Bekanntlich muss der Steuerpflichtige alle seine unentgeltlichen Vermögenszugänge dem Finanzamt erklären, damit dieses entsprechend die Bereicherung mit Schenkungsteuern (bei Bereicherung durch Lebende) oder Erbschaftsteuern (bei Erbfällen) belegen kann.

Zum Bereicherungssubstrat gehören dabei nicht nur augenfällige „Großschenkungen“ (oder große Erbanfälle), sondern oftmals auch gar nicht ins Bewusstsein dringenden „kleinere“ Schenkungen wie etwa „zu üppige“ Unterhaltsleistungen, freiwillige Kostenübernahmen zugunsten von Kindern oder Ähnliches.

In der Praxis erlebt man häufig Erstaunen, wenn gerade solche in der Vergangenheit liegende Vorgänge etwa im Rahmen einer geplanten Schenkungsmaßnahme nachgefragt werden, weil dann Schenker und Beschenkte erstmalig sich eine dahingehende Frage stellen. Wenn Eltern ihrem Kind zum Abitur ein Auto schenken, ist das selbstverständlich eine Schenkung; dass sie in vielen oder sogar in den meisten Fällen unterhalb und innerhalb der steuerlichen Schenkungsteuerfreibeträge liegt und deshalb auch kaum jemand die Schenkung wirklich meldet, ändert im Kern nichts an der Erklärungs- und Steuerzahlungspflicht.

Werden etwa schon frühzeitig Vermögenstransfers auf Kinder durchgeführt, damit diese eigene Einkunftsquellen haben (z.B. Übertragung eines Miethauses) werden aber schnell die Freibeträge überschritten und die Schenkung muss deklariert werden.

Die Deklarationspflicht erwächst dabei laufend für jede Schenkung neu, wobei sich die Schenkungen im 10-Jahreszeitraum addieren, aber wenn sie in diesem Zeitraum nicht den Freibetrag überschritten haben, bleiben sie steuerrechtlich irrelevant. Werden dagegen die Freibeträge überschritten, bleibt der staatliche Anspruch auf Besteuerung erhalten, er verjährt nicht, bis er endlich irgendwann die Vorschenkung erklärt wird (oder sonstwie auffällt).

Auch die Erklärungspflicht von Schenkungen ist strafbewehrt; wird sie vorsätzlich missachtet, obwohl durch Überschreiten von Freibeträgen Schenkungsteuertatbestände verwirklicht wurden, so liegt Steuerhinterziehung vor.

Die Verfolgungsverjährung einer solchen Steuerhinterziehung beträgt grundsätzlich 5 Jahre (ausnahmsweise bei besonders schwerer Steuerhinterziehung 10 Jahre).

So hat also ein Kind von seinen Eltern zum Abitur ein Mietshaus im Steuerwert von 500 TEUR geschenkt bekommen, damit es mit den Mieten den Studienunterhalt selbst bestreiten könne. Die Schenkung wurde nicht erklärt.

Der Freibetrag (von 400 TEUR) war um 100 TEUR überschritten, insoweit wäre also (in günstigster Steuerklasse) Erbschaftsteuer ausgelöst worden in Höhe von 11 % auf den überschreitenden Betrag.

Zum Examen 8 Jahre später schenken die Eltern dem erfolgreichen Kind ein weiteres Haus im gleichen Wert:

Diese Schenkung erklärt das Kind ordnungsgemäß, lässt aber die Vorschenkung außer Betracht. Es hätte zwar nicht mehr wegen möglicher Steuerhinterziehung durch Unterlassung der Erklärung der Erstschenkung belangt werden können, weil insoweit ja Verfolgungsverjährung eingetreten war; aber steuerlich ist die Erstschenkung immer noch offen und unversteuert, so dass das Kind richtigerweise nicht nur die Zweitschenkung hätte erklären müssen, sondern beide Schenkungen abzüglich nur eines Freibetrages, mithin (2 x 500 ./. 400 = 600 TEUR) statt nur 100 TEUR.

Wird jetzt festgestellt, dass das Kind ja schon eine Schenkung erhalten hatte, die noch nicht besteuert war, wird die Besteuerung selbstverständlich nachgeholt. Das ist auch richtig so, denn der Besteuerungstatbestand war noch nicht verjährt (wie gesagt: Die Verjährungsfrist lief infolge Nichterklärung gar nicht erst an).

Weil aber mehr als 5 Jahre verstrichen waren, hätte die damalige Nichterklärung, wenn sie denn vorsätzlich unterblieben war, als Steuerhinterziehung nicht mehr als Straftat verfolgt werden können: Sie war verfolgungsverjährt.

Durch die Neuerklärung, die das Kind wegen der Zweitschenkung jetzt aber abgibt und in der die Vorschenkung fehlt, soll es eine neue Straftat gesetzt haben, nämlich eine eigenwertige Steuerhinterziehung bezüglich der 8 Jahre zurückliegenden verfolgungsverjährten Unterlassungstat: Die nicht mehr verfolgbare Unterlassungstat ist also zu einer nunmehr neuerlich verfolgbaren Unterlassungstat mutiert.

Da die Vorschenkung, wie gesagt, nie verjährt, wenn sie nie erklärt wird, weil die Verjährungsfrist nicht anläuft, schwebt also der Vorbeschenkte, der die Vorschenkung nicht erklärt hat, den Rest seines Lebens in Sorge, dass er sich bei weiteren Schenkungen der weit zurückliegenden Vorschenkung immer noch erinnern muss, wenn er nicht dieserhalben neuerlich strafbar werden will.

Das Kuriosum ist aber noch nicht beendet:

Hätte das Kind etwa binnen der Verfolgungsverjährungsfrist von 5 Jahren die zweite Schenkung bekommen und bei Erklärungsabgabe die Altschenkung unerwähnt gelassen, so wäre diese ja noch verfolgbar: Mit der Unterlassung oder gar der Falschangabe, es habe keine Vorschenkungen gegeben, hätte sich das Kind „lediglich die Vorteile der Hinterziehung der Schenkungsteuer durch vorangegangene Unterlassungstat“ (so der BGH) gesichert, was dann die Eigenständigkeit der aktuellen Fehlangabe (durch Unterlassen) nicht mehr verschärft hätte: Denn die Vortat (die ursprüngliche Unterlassungstat) war noch verfolgbar, also war die Nichterwähnung in der neuerlichen Schenkungsteuererklärung eine nicht selbständig strafbare, sondern bereits mitbestrafte Nachtat der ersten Unterlassungstat (für die natürlich das Kind bestraft werden könnte).

Jetzt sollte man meinen, dass, wenn doch (jedenfalls für eine Zeitdauer) die Nichterklärung der Vorschenkung als mitbestrafte Nachtat kein selbständige Bestrafungserfordernis mehr auslöste, wäre doch damit die Vortat, sobald sie denn ins Stadium der Verfolgungsverjährung träte, strafrechtlich endgültig erledigt: Weit gefehlt!

Der BGH hat in dem hier kommentierten Beschluss vom 10.02.2015 – 1 StR 405/14, NJW 2015, S. 2354 – folgendes judiziert: Die steuerliche Nichterklärung einer deshalb nicht verjährenden Steuer auf eine Vorschenkung ist und bleibt strafbar, egal, ob bezüglich der Vorschenkung Verfolgungsverjährung eingetreten ist oder nicht: Ist keine Verfolgungsverjährung eingetreten, wird die Unterlassungstat als solche geahndet, weil sie eben noch nicht verjährt ist; die Nichtangabe in der neuerlichen Schenkungsteuererklärung ist dann strafrechtlich irrelevant, weil insoweit eine mitbestrafte Nachtat vorliegt. Ist aber Verfolgungsverjährung für die Unterlassungstat eingetreten, soll die ansonsten mitbestrafte Nachtat nunmehr ein eigenes Strafunrecht schaffen, durch das der Beschenkte einen Straftatbestand verwirklicht!

Mit unserem Newsletter bleiben Sie juristisch auf dem neusten Stand.