Wird eine private Immobilie, egal ob Wohnung oder Mehrfamilienhaus, fremdvermietet, können regelmäßig Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden, soweit sie mit der Finanzierung der Immobilie im Zusammenhang stehen. Die Vermietungseinkünfte mindern sich dadurch in steuerlicher Hinsicht, was den Vermieter unmittelbar bei der Einkommensteuer entlastet.
Kommt es irgendwann zum Verkauf der Immobilie, was aus mehreren steuerlichen Gründen sinnvollerweise erst nach Ablauf einer 10-jährigen Behaltefrist erfolgt (Stichworte: Spekulationsfrist, aber auch – unter Umständen – gewerblicher Grundstückshandel), entfällt natürlich die Vermietereigenschaft für diese Immobilie und man könnte meinen, dass damit auch das steuerliche Kapitel „Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung“ insoweit beendet ist. Prinzipiell ist diese Annahme auch korrekt. Was allerdings passiert, wenn der Veräußerungserlös nicht ausreicht, um die ursprüngliche Finanzierung der Immobilie vollumfänglich abzudecken?
Hier hat der Bundesfinanzhof, das höchste deutsche Finanzgericht, in den vergangenen Jahren durchaus positive Entscheidungen zu Gunsten des Steuerpflichtigen (Vermieter) getroffen. Bereits im Jahr 2012 hatte der Bundesfinanzhof entschieden, dass der Steuerpflichtige auch nach Veräußerung des Objekts Schuldzinsen geltend machen könne, wenn das Darlehen, mit welchem die Anschaffung der Immobilie (aber auch Erhaltungsaufwendungen etc.) finanziert worden war, nach Veräußerung noch (zum Teil) valutiert. Im damaligen Fall allerdings war die Besonderheit zu beachten, dass die Veräußerung innerhalb des 10-Jahreszeitraums seit Anschaffung stattgefunden hatte. Dieser 10-Jahreszeitraum entfaltet zwar auf anderer Ebene eine steuerliche Relevanz, denn hier könnte – je nach Ergebnis des Verkaufs – neben den Vermietungseinkünften ein Veräußerungsgewinn entstanden sein, der einer Spekulationsbesteuerung unterliegt. Die Finanzverwaltung nahm das damalige Urteil allerdings ohne jegliche Differenzierung nach Einkunftsarten zum Anlass, den Schuldzinsenabzug nach Verkauf der Immobilie nur dann zuzulassen, wenn auf der anderen Seite eine Spekulationsbesteuerung denkbar wäre, also nur bei Verkauf innerhalb der 10-Jahresfrist.
Mit Urteil vom 08.04.2014 hat der Bundesfinanzhof dieser Annahme einen Riegel vorgeschoben. Er hat den nachträglichen Schuldzinsenabzug auch dann zugelassen, wenn die Mietimmobilie außerhalb der 10-jährigen „Spekulationsfrist“ verkauft worden ist, ohne dass das Darlehen vollständig getilgt werden konnte. Durch den Verkauf werde der wirtschaftliche Zusammenhang der Schuldzinsen mit der hier allein bis dahin maßgeblichen Vermietungstätigkeit nicht aufgehoben.
Der Schuldzinsenabzug müsse sogar dann gewährt werden, wenn das nach Veräußerung verbleibende restliche „Anschaffungsdarlehen“ in ein neues Darlehen umgeschuldet werde. Denn auch das neue Darlehen diene letztlich nur der Altfinanzierung, die eben durch die Veräußerungserlöse nicht ausgeglichen werden konnte. Wichtig hierbei ist allerdings, dass ein Umschuldungsdarlehen nicht höher sein darf, als der abzulösende Restdarlehensbetrag. Auch muss sich die Umschuldung im Rahmen einer „marktüblichen“ Finanzierung bewegen.
In allen Fällen des nachträglichen Schuldzinsenabzugs wird die Finanzverwaltung zudem prüfen, ob nicht die Vermietungsabsicht schon lange vor der Veräußerung entfallen sein könnte: Denn dann bestünde schon früher kein Zusammenhang mehr zwischen den Schuldzinsen und den Vermietungseinkünften, was beispielsweise dann angenommen wird, wenn eine Immobilie vor dem Verkauf schon länger leerstand und auch einige Zeit ein Makler beauftragt war, diese zu veräußern.
Für den Steuerpflichtigen bedeutet die aktuelle BFH-Rechtsprechung jedenfalls: Die Veräußerung der Immobilie, mit der bisher Vermietungseinkünfte erzielt worden sind, stellt nicht zwingend auch in steuerlicher Hinsicht einen „Cut“ dar. Vielmehr ist dem Steuerpflichtigen auch nachträglich die Möglichkeit eröffnet, das „Leid einer unzureichenden Veräußerung“ mit dem Fiskus zu teilen.