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„Schweres Wasser“ für Wohnungsunternehmen

Bekanntlich zählen vermietete Grundstücke in der Erbschaftsteuer zum sogenannten „schädlichen Verwaltungsvermögen“, für das es keine Privilegierung gibt (wie z.B. für reines Unternehmensvermögen, das nicht als Verwaltungsvermögen zählt).

Aber für Wohnungsunternehmen besteht eine Ausnahme: Deren Grundstücke zählen trotz ihrer Vermietung nicht zum Verwaltungsvermögen, wenn sie zum Betriebsvermögen des Wohnungsunternehmens gehören, dessen Hauptzweck „in der Vermietung von Wohnungen“ besteht, und wenn zur Erfüllung dieses Zwecks ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb erforderlich sei.

Das hat die Finanzverwaltung dazu veranlasst, das Erfordernis eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes bei einem solchen Wohnungsunternehmen dann jedenfalls zu bejahen, wenn das Unternehmen mehr als 300 Wohnungen hält und betreut.

Solche Immobilienvermögen, also bestehend aus vermieteten Wohnungen, die in einer solchen Vielzahl da sind, dass ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb erforderlich wird, sind bei Schenkungen oder Vererbungen privilegiert.

Das macht sich natürlich gehörig bemerkbar:

Hat der Wohnungsunternehmer etwa 300 Wohnungen mit einem Wert von je 80 TEUR, zusammen also 24 Mio. EUR, dann kann er bei Vererbung oder Schenkung des Wohnungsunternehmens davon ausgehen, dass grundsätzlich nur 15 % des Wertes bei Regelverschonung steuerpflichtig werden, oder sogar das gesamte Unternehmen kraft Option steuerfrei übertragen werden kann.

Hat aber – die Ansicht der Finanzverwaltung als richtig unterstellt – dieser Wohnungsunternehmer nur 100 Wohnungen, so hat er ceteris paribus ein Vermögen von 8 Mio. EUR, auf das er die volle ungeminderte Erbschaftsteuer von bestenfalls 23 % zahlen muss, das sind 1,84 Mio. EUR.

Je größer also der Wohnungsbestand, den das Wohnungsunternehmen betreute, desto höher die Privilegierung im Effekt.

Mit dieser Einschätzung und Wertung der Finanzverwaltung hat jetzt der 2. Senat des BFH in einem neuen Urteil vom 24.10.2017 (II R 44/15) gebrochen:

Nicht die Anzahl der Wohnungen sei entscheidend, das habe die Finanzverwaltung bislang zu Unrecht angenommen, was auf einer fehlerhaften Vorstellung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages im Gesetzgebungsverfahren beruht habe, als dieser den Entwurf des Erbschaftsteuergesetzes bewertete.

Vielmehr sei darauf abzustellen, dass der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb, der gefordert werde, tatsächlich ein „in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb“ gemäß § 1 Abs. 2 HGB sein müsse, wo die unternehmerische Tätigkeit im Vordergrund stehe und nicht das bloße Verwalten von Wohnräumen mit freilich allen dazu gehörigen Tätigkeiten wie Abfassung von Mietverträgen, Übergabe von Wohnungen an neue Mieter, Überwachung der Mietzahlungen, Fertigung der Betriebskostenabrechnungen, Sauberhaltung der gemeinsam genutzten Räumlichkeiten, Beauftragung von Handwerkern, oder ähnliches: Das alles gehöre zur Wohnungsvermietung, bei der die Fruchtziehung im Vordergrund steht, die dabei entfaltete Tätigkeit aber zurückzutreten hat. Es handelt sich bei all diesen Tätigkeiten um Vermögensverwaltung, eben nicht um eine unternehmerische Tätigkeit. Unternehmerisch werde ein solcher Vermieter erst tätig, wenn er solche bei Vermietung von Räumen nicht üblichen Sonderleistungen erbringe, wie z.B. die Übernahme der Reinigung der vermieteten Wohnungen, die Bewachung des Gebäudes, aber auch etwa bei schnell wechselnden Belegungen die Versorgung der Wohnungen mit Wäsche, die Einrichtung der Räume individuell je nach Bedarf mit besonderen Applikationen, wie z.B. Fernsehern, Krankenbetten o.ä.

Dieses Urteil, das im Grunde auf einer „Ohrfeige“ an den Gesetzgeber beruht, der die Teleologie des Privilegierungsgesetzes im Erbschaftsteuerrecht gar nicht richtig erkannt hätte, führt jetzt bei vielen Wohnungsunternehmern, die sich als solche sahen, weil sie eben eine differenzierte Vermögensverwaltung mit all den anfallenden Vermieteraufgaben erledigten, zur Neuorientierung: Sie müssen Zusatzleistungen übernehmen, bei denen ihre unternehmerische Tätigkeit im Vordergrund steht, und nicht die bloße Vermögensverwaltung in Form der Überlassung des Mietraumes. Nur wer das beherzigt, hat die Aussicht, ein Wohnungsunternehmen mit den Privilegierungschancen zu betreiben.

Das Positive an diesem Urteil ist allerdings: Nicht nur die Größe und Vielzahl von Wohnungen entscheidet, ob privilegiert wird, wie dies bislang war, sondern auch kleinere Wohnungsbestände etwa des Wohnungsunternehmers, der „nur“ 100 Wohnungen betreut, hat Chancen auf Privilegierung der Weitergabe seines Wohnungsunternehmens durch Schenkung oder Vererbung, wenn er selbst unternehmerische Tätigkeiten neben der bloßen Vermögensverwaltung getätigt hat.

Also: Hier gilt es zu handeln!

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